Die Psychologie sagt: Das Frauenbild eines Mannes wird maßgeblich von der Mutter geprägt. In meinem Falle würde ich behaupten: Nina Hagen hat da auch mitgemischt.

Ich war 16 und ein verkifftes, westfälisches Landei, als ich ihre Platte das erste Mal hörte. Wir waren auf dem Weg zur Disco in der Stadt. Udo war schon 18 und hatte ein Auto. Und irgendjemand hatte diese Cassette dabei. Und als die lief, saßen wir vier Landei-Freunde nur noch stumm da und hörten diese Frau zu, wie sie so gänzlich unwestfälisch sang und schrie und schrillte.

Mir ist heiß, ich bin heiß, ach, warum sind denn nicht alle so heiß
Und wir beißen in weiße Hälse bis sie bluten, Gott ist tot,
Auf’m Bahnhof Zoo im Damenklo, dein Widerstand hat Fuß und Hand

Das waren keine Texte, das waren Aufforderungen – und Anklagen.

Warum soll ich meine Pflicht als Frau erfüllen?
Ich bin nicht deine Fickmaschine

So hatte ich das noch nie gehört, so laut und klar und ohne Wenn und Aber. Und gleichzeitig guckte diese seltsame Frau über alle Tellerränder gleichzeitig.

Ich glotz von Ost nach West, ist alles so schön bunt hier

Nina Hagen war grenzenlos – und gesamtdeutsch, als es das Wort noch gar nicht gab. 1978. Beton und Blöcke. Aber sie machte rüber und flog drüber und guckte runter, mit ihren großen Augen und ihrer großen Sehnsucht und dieser großen Stimme.

Wenn du scharf bist, musst du rangehen

Dass Nina Hagen später Ufos sah und wirres Zeug redete? Egal. Dadurch wird das vorher Gesagte nicht unwahr und unwichtig. Frauen sollen gefälligst machen, was sie wollen! Das habe ich damals im Auto von Udo gehört und begriffen. Danke dafür, Nina Hagen.