100 Sekunden Leben - Die Dschungelkanzlerin
Seit zwei Tagen deutet Deutschland das Kanzlerduell, aber kaum jemand redet über die Folgen des Dschungelcamp-Finales. Dabei hat sich bei dem Trash-Wettbewerb im australischen Busch ein bedenklicher Trend verfestigt. Von Thomas Hollmann
So freudestrahlend wie Lilly Becker, das behaupte ich jetzt hier einfach mal, wird weder der Merz noch der Scholz den Thron besteigen. Die war sowas von glücklich, die neue Dschungelkönigin und Ex von Boris. Die aber genau das nicht mehr sein will, nur die "Frau von jemandem". Deshalb war sie in den Busch gezogen, um als eigenständige Person aus selbigem wieder herauszukommen und um ihrem Sohn ein Vorbild zu sein. "Was auch passiert, nicht aufgeben."
Und das finde ich dann doch bedenklich, wenn Trash weiterererbt wird. Und das wird es. Aß doch auch die Tochter von Willi Herren Ungeziefer. Alessia ihr Name, der mir nichts sagt. Trotzdem wurde sie auf Thronplatz 3 gewählt. Wie vor gut 20 Jahren ihr inzwischen verstorbener Vater, der ehemalige Lindenstraßen-Schauspieler Willi Herren. Womit sich ein familiärer Kreis geschlossen hätte. Und so sagte Alessia denn auch: "Wenn mein Vater das miterleben würde, der wäre so stolz auf mich."
Offensichtlich ist das Dschungelcamp für seine Bewohner nicht mehr nur ein Ort gegen das mediale Vergessen, sondern eine Art Generationen-Vertrag, der von der deutschen Fernseh-Öffentlichkeit goutiert wird. Und das wundert mich, werden Bürgergeld-Eltern doch sozial geächtet, wenn die den ganzen Tag nur rumliegen und blödes Zeug reden und so ihren Kindern ein schlechtes Vorbild sind. Aber Lilly Becker kriegt die Krone aufgesetzt.
Die Kultur-Optimisten im Lande könnten ins Feld führen, dass das Kanzlerduell immerhin dreimal so viele Zuschauer hatte wie das Dschungelfinale. Aber das Kanzlerduell war auch eine einmalige Sache. Und ich behaupte hier mal: Als Staffel hätten der Merz und der Scholz keine Chance gegen das Dschungelcamp – und gegen die dort servierten Krokodil-Hoden.