100 Sekunden Leben - Medial-bräsiges Widerstandsbackwerk feiert Geburtstag
Am Samstag hat jemand Geburtstag, der den wahrscheinlich nicht feiern wird. Bernd das Brot wird 25, die zu Griesgram und Fatalismus neigende Figur des Kinderkanals. Da muss unser geistesverwandter Kolumnist Thomas Hollmann selbstverständlich gratulieren.
Ich habe Bernd dem Brot mal die Hand geschüttelt. Da war Bernd mit dem Kinderkanal auf Sommertour, und meine Tochter wollte da unbedingt hin. Nicht wegen Bernd, sondern wegen der anderen Figuren. Also sind wir zum Ostbahnhof. Aber ich wollte gleich wieder weg. Kinderfernsehen ist nichts für mich, weder im Fernsehen noch auf der Bühne. Wobei ich Kinderspielplätze noch weniger ausstehe. Die habe ich regelrecht gehasst, aber Bernd das Brot mochte ich irgendwie. Wie er so eckig da stand und vor sich hin grummelte und mit Pädagogik nichts am Hut zu haben schien. Wie ich, dachte ich da, und gab Bernd die Hand.
Vermutlich wurde Bernd das Brot wegen mir und meinesgleichen erfunden. Damit wir Väter jemanden haben, mit dem wir uns beim KiKa-Gucken identifizieren können und die Kleinen nicht alleine vor der Glotze hocken. Aber noch einmal würde Bernd wohl nicht das Licht der Zeichentrick-Welt erblicken. Ist der doch weder aus Vollkorn noch bio, sondern ein ungesundes Kastenweißbrot, das zudem zu psychischen Auffälligkeiten neigt. Hat Bernd selbst gesagt, dass er ein "Homo Brutus Depressivus" ist und das Muster seiner Raufasertapete auswendig lernt.
Als Vorbild für den Nachwuchs taugt Bernd das Brot da wohl eher nicht. Auch wenn die Grimme-Preis-Jury ihn 2004 auszeichnete. "Bernd bewahrt grummelnd Haltung, wo andere sich beim Mitmachen einreden, sie täten es frohen Sinnes". Zu seiner Rolle als medial-bräsiges Widerstandsbackwerk hat sich Bernd nie geäußert. Warum hätte er das auch tun sollen? Will Bernd doch nur seine Ruhe haben und auch morgen, an seinem 25. Geburtstag, einfach mal schlecht gelaunt sein dürfen. Ich verstehe das. Herzlichen Glückwunsch.