100 Sekunden Leben - Die Stirnlampe
Unser Kolumnist macht in seiner Nachbarschaft erleuchtende Beobachtungen: Neuerdings sind viele Spaziergänger mit Stirnlampe auf dem Kopf unterwegs - vor allem Hundebesitzer. Von Thomas Hollmann
Dass Hunde Halsbänder tragen, die wie Disco-Kugeln flackern, daran habe ich mich gewöhnt. Da sieht man die Tiere im Dunkeln wenigstens und tritt nicht drauf. Warum sich jetzt allerdings auch die Herrchen illuminieren und als Bergarbeiter hinter ihren John-Travolta-Kläffern herdackeln, ist mir ein Rätsel.
Erst letztens wieder. Da blinkte unten der Wuffi und oben leuchtete Wuffis Besitzer die Weiten des Bürgersteigs aus. Mit einer Stirnlampe. Das habe ich jetzt schon ein paarmal gesehen, Leute mit Kopfstrahlern. Also stellte ich mich dem LED-Duo kurzentschlossen in den Weg und fragte, was das soll - mit der Grubenlampe.
Mit Stirnlampe in den Keller
Da hat man die Hände frei und sieht alles, lautete die Antwort von Herrchen, während Wuffi seinen Schwanz im Takt zu Y.M.C.A. schwang. Wobei ich mir das womöglich auch nur eingebildet habe. Praktisch sei so eine Stirnlampe, im Keller trage er die auch immer, meinte der Mann noch, ehe er mit seinem Disco-Gefährten davon leuchtete.
Ich habe keine Ahnung, warum der Mann mit einer Stirnlampe in den Keller geht. Ich mache im Keller das Licht an. Aber womöglich betreibt der Mann auch seine ganze persönliche Höhlenforschung. Hell genug ist so eine Stirnlampe jedenfalls. Im Internet gibt es sogar welche mit 230-Grad-Weitwinkelstreuung und Rotlicht-Modus. Da erschreckt sich das Reh nicht, wenn man beim nächtlichen Waldspaziergang einem begegnet, versichert der Hersteller.
Das muss ich den Mann fragen, wenn ich ihn das nächste Mal treffe, ob er im Keller auf Rotlicht umstellt. Vor allem aber interessiert mich, ob sein Hund tatsächlich zum Takt von Y.M.C.A. wedelt.