100 Sekunden Leben - Deutschland auf der Rolf Benz - Couch
Auf seinem Sofa saßen die Prominenten dieser Welt. Rolf Benz hat die legendäre "Wetten, dass…?"-Couch erfunden. In dieser Woche ist der schwäbische Möbelmacher 91-jährig gestorben. Anlass für Thomas Hollmann, mal grundsätzlich über das Sofa nachzudenken.
Ich habe nie auf dem "Wetten, dass…?"-Sofa gesessen. Mich lädt ja keiner ein. Aber ich nehme an, auch auf dem "Wetten, dass…?"-Sofa sitzt man zu tief. Das tut man nämlich auf praktisch jedem Sofa. Die Rückenlehne ist viel zu weit hinten. Und nicht selten ist die Lehne auch noch weich wie Mäusespeck, so dass man darin versinkt wie in einem Schaumstoffsumpf und eine orthopädisch höchst bedenkliche Haltung einnimmt. Ich sage nur: "L4-L5". Die Bandscheibengeschädigten wissen, wovon ich rede. Und trotzdem liest sich der Nachruf auf Rolf Benz im Schwarzwaldboten, als sei der Heiland von uns gegangen.
Okay, das Sofa 6500 verfügt über ein zusätzliches Stützkissen. Aber das ist vermutlich nicht der Grund, warum es im Museum of Modern Art ausgestellt ist. Sondern, weil es grau und eckig und die Rückenlehne gleich zweifach höhenverstellbar ist. Kühles German Engineering eben. Wie Mercedes. Nur ohne Räder. Dafür mit Chromfüßen.
Billig sind Rolf Benz-Sofas denn auch nicht. Aber auch nicht astronomisch teuer. Und der Bauhaus-Stil ist nur angedeutet, damit das Sofa in deutschen Wohnzimmern nicht zu sehr auffällt. Schwäbische Unternehmerschläue eben. In Nagold, dem Heimatstädtchen von Rolf Benz, haben sie die Berufsschule denn auch nach ihrem berühmten Sohn benannt.
Gilt Rolf Benz doch als Miterfinder der mäandernden Sofa-Landschaft. Sitzelemente, Eckelemente, Liegeelemente, alles lässt sich ranschieben und erweitern. Und so lümmelt Deutschland auf monströsen Couch-Kontinenten herum und ruht sich aus. Dabei sollte Deutschland doch endlich mal aus dem Knick kommen.