Ein Herz aus Papier ist in zwei Hälften geschnitten und zerknüllt. (Bild: picture alliance / Zoonar | Halina Karpisonava)
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100 Sekunden Leben - Das Ende einer toxischen Beziehung

Kolumnist Hendrik Schröder hat ein gebrochenes Herz. Lange wollte er die Wahrheit nicht sehen, aber jetzt ist Schluss.

Ich war einer der letzten in meinem Freundeskreis, der noch an seiner alten Liebe festgehalten hatte. Während die meisten sich schon getrennt hatten, neue, zuverlässigere Bindungen eingegangen waren oder sich komplett alternativen Modellen zugewandt, beharrte ich darauf, dass sie die Beste war.

Immer noch und immer wieder. Alternativlos. Ein Bund fürs Leben. Du und ich. Forever. Das ging so weit, dass ich für sie log. Ihre Schwächen und Aussetzer hinunterspielte, altbekannt argumentierte wie: es gibt doch immer mal schwere Zeiten, oder? Deswegen wirft man doch nicht gleich hin. Bei anderen läuft es auch nicht besser…und ist doch klar, nach mehreren gemeinsamen Jahrzehnten, da glänzt es natürlich anders als am Anfang. Aber das Fundament ist doch toll.

So redete ich. So liebte ich. Bedingungslos. Obwohl ich immer wieder enttäuscht wurde. Und der letzte war, der nicht sah, nicht sehen wollte, wie toxisch unsere Beziehung geworden war. Wie kaputt sie ist. Und mich kaputt macht. Immer wieder ging ich lächelnd hin und warf mich in ihre Arme, ich gab ihr alles. Alles. Geduld. Aufmerksamkeit. Respekt. Toleranz. Und nicht zuletzt Geld. Viel Geld.

Immer wieder ging es dann meist stürmisch los und endete in der Katastrophe. In Schmerz, Kälte, Gleichgültigkeit. Von ihrer Seite. Während ich doch nichts anderes wollte, als geliebt zu werden, ja, gesehen zu werden. Als Individuum. Mit Bedürfnissen. Aber jetzt ist Schluss. Schluss mit den Ausflüchten auf meine Fragen: Wo warst Du? Wie geht es weiter? Wann kommen wir endlich irgendwo an? Schluss mit Deinem Schweigen. Deinen Ausflüchten. Schluss mit der stundenlangen Warterei.

Ich kann nicht mehr. So einseitig kann, darf keine Beziehung sein. Ich hab Dich geliebt wie keine andere, aber ich geh jetzt. Und fahr nicht mehr. Mit Dir. Du hast meine Liebe nicht verdient. Deutsche Bahn…mach‘s gut..

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100 Sekunden Leben
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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.