Ein ältere Wählerin mit Begleitung gibt ihre Stimme für die Bundestagswahl ab in einem Wahllokal in Potsdam
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100 Sekunden Leben - Brauchen wir ein Maximalalter für Wahlen?

Unser Kolumnist Hendrik Schröder denkt diesmal über ein Maximalalter beim Wählen nach und ob das nicht eine Lösung für den Generationenkonflikt sein könnte.

Neulich habe ich einen Artikel darüber gelesen, ob Deutschland nicht vielleicht eine Altersobergrenze beim Wählen bräuchte. Das war interessant. Denn eines ist klar: Egal wie viel Zuzug aus fernen oder näheren Ländern dabei hilft, Deutschland nicht völlig vergreisen zu lassen, die Gesellschaft wird immer, immer älter. Bald schon wird die Hälfte aller Wahlberechtigten über 60 Jahre alt sein. Kein Witz.

Jetzt ist die Frage: Ist anzunehmen, dass ältere Menschen, die eine kürzere Lebenserwartung haben, aufgrund ihres Alters andere Wahlentscheidungen treffen? Nach dem Motto: Jetzt soll es mir gut gehen, mir egal, was danach kommt? Schaut man auf den Brexit zum Beispiel könnte man diese Frage mit Ja beantworten. Damals stimmten in Großbritannien grob zusammengefasst die Alten für Exit und die Jüngeren für einen Verbleib in der EU. Die Älteren gewannen und nun müssen die Jungen voraussichtlich ihr Leben lang mittragen, was sie gar nicht wollten. Auch dann noch, wenn die Alten, die das das durchgesetzt haben, schon längst tot sind.

Es ist also anzunehmen, dass auch in Deutschland in Zukunft immer stärker die Interessen von Rentnern und Rentnerinnen beachtet werden in der Politik. Denn die Parteien wollen ja gewählt werden, müssen ihr Programm also an relevanten Wählergruppen ausrichten. Die Jungen könnten dabei politisch auf der Strecke bleiben, obwohl sie diejenigen sind, die immer härter buckeln müssen, um die vielen Renten überhaupt irgendwie zu bezahlen. Obwohl sie diejenigen sind, die die Langzeitfolgen zu spüren bekommen von Problemen, die aktuell nicht gelöst werden.

Ein Dilemma. Dem man verfassungsrechtlich, um zur Eingangsfrage zurückzukommen, natürlich nicht mit einer Altersobergrenze bei Wahlen begegnen kann. Wo kämen wir dahin, wenn Leute nur aufgrund ihres Alters elementarer Grundrechte beraubt werden würden? Der Gedanke ist verlockend, aber es geht einfach nicht. Den Jungen bleibt also nur ein Trost: Irgendwann sind sie selbst alt. Und mächtig. Bis dahin heißt es: Augen zu und durchhalten!

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.