Neulich war ich mal wieder beim Yoga. Immer wieder denke ich: Das könnte mir wirklich guttun. Und immer wieder gehe ich danach mit total gemischten Gefühlen nach Hause und komme kein zweites Mal in dieselbe Gruppe. Neulich sollte es Yin Yoga sein, auf Empfehlung eines Freundes, der auch gleich mitkam. Die Stunde geht also los und schon nach einer Minute fühle ich mich behandelt wie ein Kleinkind. Die Yogalehrerin, die vorhin in der Umkleide noch völlig normal über dies und das geplaudert hatte, schlägt den Gong und ändert mit dem Schlag ihre Stimmlage in die eines Teilzeitgurus. (By the way…was ist eigentlich das weibliche Wort für Guru?).

Sie sagt Sachen wie: "Schön, dass ihr da seid. An diesem Herbsttag, an dem auch wir uns, wie die Bäume von den alten Blättern, befreien wollen. Loslassen, was wegkann und wie die Bäume junge, frische Energie einatmen". Von den 60 Minuten Yogastunde redet sie in genau diesem Duktus 55 Minuten mit diesem Quatsch dicht. "Lasst eure Lungen mit frischem Atem fluten, denn eure Lungen und eure Atmung sind euer Immunsystem, das euren Körper umschließt". Selbst im übertragenen Sinne ist das wirklich Bullshit. Allerdings könnte es Impfgegnern gute Argumente liefern.

Ich wollte schreien, musste aber minutenlang Dehnungen halten. Was wirklich schön und wohltuend wäre, wenn man nicht so vollgequatscht werden würde. Und so ist das immer, wenn ich zum Yoga gehe. Immer diese Feierabendspiritualität. Immer denke ich: Dann beschäftigt euch doch richtig mit fernöstlichen Philosophien und bleibt nicht auf Kalenderspruchniveau stehen, wenn euch das so wichtig ist. Dann könnte man so einer Yoga-Session ja wirklich noch eine andere, geistige Ebene hinzufügen. Und dann redet doch einfach ganz normal und nicht wie jemand von Astro TV, dann würde ich auch wiederkommen.

Der Dalai Lama hat mal lachend gesagt, dass die Europäer offenbar glauben würden, Yoga sei eine Art Gymnastik. Ich sag mal: Schön wär‘s! Als nächstes wollte ich übrigens Online-Yoga ausprobieren. Ohne Ton.