100 Sekunden Leben - Traumjob: Fachkraft
Welchen neuen Ausbildungsberuf braucht Deutschland? Kolumnistin Doris Anselm hat eine Idee, die das Land retten könnte. Doch die könnte eine Recruiter-Schleife in Gang setzen.
Mit dem Fachkräftemangel wird es ja immer schlimmer. Letztens kam ich an einem Plakat vorbei. "Recruiter gesucht", stand darauf. Recruiter, Moment, ach ja: die hießen früher Personaler. Mein Gott. Uns fehlen also inzwischen nicht mehr nur die Leute, die die Arbeit machen. Uns fehlen jetzt auch schon die Leute, die die Leute suchen, die die Arbeit machen. Und logischerweise brauchen wir von denen mehr als früher, weil es wegen des Fachkräftemangels ja schwieriger geworden ist, die Leute zu finden, die die Arbeit machen. Was es dann erst für eine Herkulesaufgabe sein mag, die Leute zu finden, die die Leute finden sollen, die die Arbeit machen, will ich mir gar nicht vorstellen.
Ob die Politik was tut? Ich warte ja seit längerem darauf, dass wir einen neuen Ausbildungsberuf kriegen: "Fachkraft (m/w/d)". Die Interviews mit den ersten Azubis kann ich mir gut vorstellen. Lisa, 17 Jahre, hilft morgens von 9 bis 11 bei der technischen Zulassung einer neuen S-Bahn-Strecke, um dann von 11:30 Uhr bis 14 Uhr in einem Sternerestaurant den Kochlöffel zu schwingen. Den Rest des Tages fertigt sie Prothesen an. "Der Job ist super abwechslungsreich und mir wird nie langweilig", sagt Lisa.
Na denn. Wir anderen vegetieren weiter im Homeoffice, und da fühlt es sich ja tatsächlich oft an, als sei man die einzig verbliebene arbeitende Person auf der Welt. An die Gesichter meiner Kollegen kann ich mich kaum noch erinnern, jedenfalls nicht in 3D. Das ist ein Risiko. Bald werden Betrüger den Enkeltrick hinter sich lassen. Dann meldet sich dein angeblicher Chef bei dir mit einer neuen Aufgabe, und viel zu spät merkst du, dass du seit Jahren für die nigerianische Mafia die Honorarabrechnung machst. Deutschland, was soll nur werden?