Freundinnen zusammen in einem Restaurant
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100 Sekunden Leben - Swing State müsste man sein!

In den USA läuft die Auszählung der Stimmen für die Präsidentschaftswahl. rbb24 Inforadio-Kolumnistin Doris Anselm entdeckt derweil den Swing State in sich.

Ich habe eine Freundin; wenn ich mit der ins Restaurant gehe, passiert immer das Gleiche. Wir haben gerade die Speisekarten zur Seite gelegt, der Kellner tritt zu uns an den Tisch. In dem Moment greift meine Freundin erneut nach dem Menü. Stirnrunzelnd vertieft sie sich darin. Der Kellner tritt von einem Fuß auf den anderen. Meine Freundin fragt in skeptischem Tonfall etwas wie: "Was für Gemüse ist denn das in der Gemüsepfanne?" Und egal, was er antwortet, sie quittiert es sie mit einem wenig begeisterten "Ach so, naja..." und liest weiter. Ich schwitze derweil Blut und Wasser. Die Kellner aber werden überraschend selten ungeduldig. Überraschend oft bieten sie ihr Probierportiönchen an oder die Umsetzung von Extrawünschen.

Kurzum: Meine Freundin ist ein Swing State – und das hat seine Vorteile. Mir ist das erst jetzt während des US-Wahlkampfs ganz klar geworden. Früher hab ich immer die Nase gerümpft über Ratschläge wie "Lass ihn mal zappeln", oder "Sei ruhig ein bisschen flatterhaft und unberechenbar, das macht dich interessant". Jetzt hab mir wochenlang angeguckt, wie sich Kamala Harris und Donald Trump um ihre Swing States bemüht haben. Eigentlich müsste den Leuten in den roten und blauen Staaten langsam klar werden, dass es ein taktischer Nachteil ist, sich allzu früh festzulegen. Da kommt auch kein Elon Musk vorbei und wedelt dir mit einer Million Dollar vor der Nase rum.

Deshalb hab ich jetzt einen Plan. Das nächste Mal, wenn ich mit meiner Freundin essen gehe und richtig Hunger habe, mache ich folgendes: Mitten in ihre peinliche Lesepause hinein sage ich: "Ach, oder … wollen wir doch in den anderen Laden rüber? Ich glaube, da gibt’s kostenlose Vorspeisen!" Danke, Amerika.

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100 Sekunden Leben
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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.