Blick in die Ausstellung mit Arbeiten, Fotos und Videos von Sigmar Polke Bein der 13. Berlin Art Week im Schinkel Pavillon.
picture alliance/dpa | Jens Kalaene
Bild: picture alliance/dpa | Jens Kalaene Download (mp3, 3 MB)

100 Sekunden Leben - Kunst: Nur gucken oder kaufen?

In Berlin ist in dieser Woche viel Kunst zu sehen. Seit Mittwoch läuft die Art Week, bei der man auch Werke kaufen kann. Unser Kolumnist Thomas Hollmann würde das gerne tun, hat aber moralische Bedenken.

Ich will nicht immer nur gucken, ich will auch mal kaufen. Aber ich will kein Bild zu Hause an die Wand hängen, das ein Arschloch gemalt hat. Das ist das Problem, dass es unter Künstlern so viele gibt, die immer nur um sich selbst und ihr Innerstes kreisen. Wobei Picasso ja wohl das größte war - und frauenverachtend dazu. Ich weiß allerdings nicht, ob ich ein Bild von ihm, sollte ich zufällig eines finden, moralisch korrekt beim Recyclinghof entsorgen würde - oder doch aufhängen.

Schwierig das mit der Egozentrik. Aber es muss doch auch halbwegs sozialverträgliche Künstler geben. Ich könnte die mit einem Fragebogen ermitteln. Grüßen Sie Ihre Nachbarn im Treppenhaus? Trennen Sie Ihren Müll, auch wenn es sich nicht um ein Picasso-Gemälde handelt? Sind Sie Mitglied beim Deutschen Roten Kreuz oder zumindest bei Hertha BSC? Werden sieben der zehn Fragen mit Ja beantwortet, gucke ich mir die Bilder an. Sonst nicht.

Allerdings kann der Kunstkauf dann immer noch scheitern. Nämlich wenn man sich mit der Künstlerin unterhält. Wie ich das bei der vergangenen Art Week getan habe. Die Frau war ausgesprochen nett, und das verschwommene Blau in ihrem Bild gefiel mir gut. Bis mir die Malerin erklärte, das indifferente Blau drücke die schwierige Beziehung zu ihrer Mutter aus. - Das ist noch so ein Problem: Ist Kunst erst einmal erklärt, kann man die nicht mehr so sehen, wie man sie sehen will.

Sollte ich vielleicht nach der alten Baumarkt-Devise "Respekt wer's selber macht" Farbe und Pinsel kaufen und ein Atelier mieten? Das wäre in meinem Falle keine gute Idee, bin ich handwerklich-figurativ doch eine totale Niete. Und ob mich charakterlich eigne, weiß ich auch nicht. Hat mich letztens an der Kreuzung doch einer für ein "altes Arschloch" gehalten.

Auch auf rbb24inforadio.de

100 Sekunden Leben
rbb

100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.