100 Sekunden Leben - Die Limerick-Therapie
Wer schlecht geschlafen hat, kommt morgens schwer aus dem Bett. Inforadio-Kolumnistin Doris Anselm hat jetzt eine neue Methode gegen Einschlafprobleme – und die liegt irgendwo zwischen Poesie und Kampfsport.
Meine neue Einschlafhilfe arbeitet da mit einer Art mentaler Judo-Wurftechnik. Das heißt, sie nutzt die Kraft des Angreifers, also die Grübel-Energie, und lenkt sie so um, dass mein Hirn, zack-bumm, auf der Matte liegt. Also: schläfrig auf dem Kopfkissen.
Wie das geht? Ich denke mir Limericks aus. Genau: Diese albern gereimten Mini-Gedichte, oft mit Ortsnamen. So dichtete ich neulich nachts:
"Ein Zeichner aus Prenzlauer Berg
erschuf einen hellblauen Zwerg
Doch weil es die Schlümpfe
schon gab, kriegt er Schimpfe
Nun muss er von Neuem ans Werk."
Die meisten meiner Einschlaf-Limericks werden aber nie fertig, weil ich vorher eben einschlafe. Mir ist klar geworden: Oft ist Grübeln bloß eine Methode. Es geht dem Hirn gar nicht so sehr um den Inhalt. Das merkt man ja schon daran, wie gerne es zu später Stunde kreuz und quer durch sämtliche Probleme hoppelt, die man hat oder zu haben glaubt.
Und da ist die besessene Suche nach einem sinnvollen Reim, das pedantische Durchprobieren und Verwerfen von Lösungen, also Worten und Silben, offenbar nah genug dran an der Struktur des Grübelns, um das Gehirn auszutricksen, ohne die echten Sorgenthemen zu berühren, mit denen man sich andernfalls in Panik denken würde. Für mich funktioniert das fantastisch.
Was ist sonst noch gut für den Schlaf? Ach ja, ich sag’s zum Schluss in einem Limerick:
"Zum Arzt ging ein kleiner Espresso
der war immer so furchtbar gestresso
der Arzt, raffiniert
hat ihn entkoffeiniert
Jetzt geht es dem Kleinen viel besso."