100 Sekunden Leben - Faszination Olympia
Dieser Sommer ist ein echter Sport-Sommer. Erst die Fußball-EM, dann die Tour de France und jetzt Olympia. Aber unser Kolumnist Thomas Hollmann wird nicht sport-müde. Im Gegenteil …
Ich hatte schon Angst vor einer Überdosis. Hatte ich doch nie so viel Sport am Stück inhaliert. Aber durch Olympia wird der Rausch erst richtig divers. Gibt es bei Olympia doch nicht nur Fußbälle und Fahrräder, sondern auch Dressurpferde und Gymnastikkeulen. Und zig andere Bewegungsmittel und Accessoires, mit denen der Mensch es vermag, in einen Wettstreit zu treten.
Der Einfallsreichtum kennt da keine Grenzen. Auch keine körperlichen. Rennt und springt und wirft der Mensch bei Olympia doch nicht nur, er streckt sich auch und spannt sich und stemmt sich und dreht sich und biegt sich und kugelt sich und wirbelt und hechtet und hüpft. Keine Bewegungs- und Tätigkeitsform, die bei Olympia nicht mit einer Medaille belohnt werden würde. Außer das Rumsitzen auf dem Sofa. Aber darin bin ich ja der Champion.
Und wenn ich all dieses so Unterschiedliche so sehe, frage ich mich, was den Menschen mehr antreibt, seine Fülle an Talenten oder der Drang, aus jeder Begabung eine Sportart zu machen? Manche laufen sogar mit einem gekrümmten Holz in gebückter Haltung hinter einem viel zu kleinen Ball her und behaupten, Hockey sei ein ganz normaler Sport – und schön dazu.
Dabei ist das eigentlich Schöne an Olympia nicht Hockey, sondern dass sogar Gebückte bei Olympia dabei sein können. Wie auch Dürre, Runde, Lange, Kurze, Nervöse, Ruhige, Zähe und gänzlich aufrecht Rennende. Wahrscheinlich wurde Olympia deshalb erfunden - als Beleg körperlicher Universalität. Wie schade und wie eintönig, dass bald wieder nur noch die o-beinigen Fußballer durchs Bild laufen.