100 Sekunden Leben - Der Balkonkraftwerk-GAU
Die Spätsommersonne lacht über Berlin und Brandenburg – da denken viele vermutlich nochmal über den Einbau eines Balkonkraftwerks nach. Schließlich wird die hausgemachte Solarenergie öffentlich gefördert. In der Praxis klappt das allerdings nicht immer so ganz, wie Kolumnistin Doris Anselm gehört hat.
Im Vergleich mit anderen Kraftwerken hat ein solarbetriebenes Balkonkraftwerk viele Vorteile. Zum Beispiel wird nicht gleich die Wäsche schwarz, wenn sie daneben hängt. Das wär’ bei einem Kohlekraftwerk anders. Wasserkraft wiederum könnte man auf dem Balkon wohl nur effizient erzeugen, wenn man zuvor nach Hamburg zieht, und ob sich das rechnet …? Ein Atomkraftwerk für zuhause gab’s zuletzt bei Loriot. Allerdings äußerte sich die Betreiberfamilie Hoppenstedt damals schon beim Aufbau besorgniserregend salopp über den größten anzunehmenden Unfall: "Wenn wir was falsch gemacht haben, dann soll es jetzt Puff machen."
Aus all diesen Gründen wollten Freunde von mir bei sich jetzt also ein Solar-Balkonkraftwerk installieren. Öffentlich gefördert! Allein die Recherche dauerte Wochen, auch, weil die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, bei der sie Mieter sind, ganz offenbar null Bock hatte, zu helfen. Als man sich endlich doch dazu herabließ, kam nur die Auskunft, ein Elektriker müsse die Gegebenheiten überprüfen. Dieser kam, sah und kiekte eine Minute lang in den Sicherungskasten, eine Minute lang in die Steckdose auf dem Balkon, äußerte dann eineinhalb Stunden(!) lang seine Meinung über Wechselstrom, das Wetter, die Mondlandung sowie Aperol Spritz, und gab dann die fachliche Einschätzung, das Vorhaben sei technisch nicht umsetzbar, was die Wohnungsbaugesellschaft im Prinzip schon hätte wissen können.
Anschließend berechnete er 200 Euro und verschwand. Meine Freunde sehen keine Chance, dieses Geld von irgendwem zurückzubekommen, und werden nunmehr also dafür bestraft, dass sie einem staatlichen Appell folgen und was für die Umwelt tun wollten. Naja. Jetzt wissen wir wenigstens, was der größte anzunehmende Unfall bei Balkonkraftwerken ist.