Dicht gedrängt steigen Menschen aus einer U-Bahn im Bahnhof am Alexanderplatz in Berlin. (Bild: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld)
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100 Sekunden Leben - Antizyklisch urlauben

Das ist heute der letzte Ferientag. Am Montag geht es wieder in die Schule. Und mit den Sommerferien endet auch die Urlaubszeit. Berlin ist denn auch schon wieder proppenvoll. Unserem daheimgebliebenen Kolumnisten Thomas Hollmann gefällt das gar nicht.

Eigentlich hatte ich super Ferien. Schön bei mir zuhause, im halb leeren Berlin, total entspannt war das. Aber irgendwann bin ich seltsam traurig geworden. Eben weil alle weg waren. Ich vermute, der Mensch ist dann doch ein soziales Wesen, das dazugehören und machen will, was alle machen. Nämlich: Urlaub.

Dabei hatte ich mir das gut überlegt und ausgerechnet. Fahre ich nach den Ferien weg, zahle ich ein Drittel weniger. Und das Frühstücksbüffet kann ich ohne Nahkampfausbildung aufsuchen. Allerdings habe ich dann gelesen, dass nicht nur die Zahl der Urlauber weltweit steigt, sondern auch die Zahl der Urlauber, die nach der Urlaubszeit Urlaub machen. Am Ende wird mir meine antizyklische Planung wohl nichts nutzen. Und die Einheimischen schießen auch auf mich mit Wasserpistolen. Wenn nicht gar mit echten.

Nein, das ist nicht schön, nicht gemocht zu werden. Aber vielleicht erwartet man da als Tourist auch zu viel. Habe ich doch schon länger den Verdacht, dass die Kellner Touristen grundsätzlich verachten, wenn die es für einen besonderen kulturellen Einfall halten, sich mit einem Teller Paella spanische Lebenskultur zuzuführen.

Ich bin gespannt, ob das die Milliarden Inder und Chinesen auch machen, sich spanisch vorkommen, wenn sie erst einmal begriffen haben, dass auch sie Touristen sein und Junggesellenabschiede an fremdländischen Stränden feiern können.

Eines sollten die Inder und Chinesen aber wissen: In Platja d’Aro, an der Costa Brava, ist seit diesem Sommer das Tragen von Peniskostümen verboten.

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.