Vergleich der Rückenlinie eines Löwen mit der Aufnahme eines Tieres in Kleinmachnow (Quelle: Gemeinde Kleinmachnow / Urheber: José Maria Galàn/CyperTracker)
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100 Sekunden Leben - Von Löwen und anderen Wildschweinen

Am Samstag jährt sich ein besonderes Datum: Am 20. Juli 2023 wurde in Kleinmachnow zur Jagd auf einen Löwen geblasen. Dabei war das auf einem Handyvideo zu sehende Tier nur ein Wildschwein. Aber Häme ist nicht angebracht, sagt unser Kolumnist Thomas Hollmann. Denn auch heute noch bestehe die Verwechselungsgefahr.

Wir Menschen machen uns ständig etwas vor und sehen Dinge, Tiere und Unseresgleichen ganz anders als sie tatsächlich sind. Manche machen das sogar mit Vorsatz und trinken sich ihren potenziellen Sexualpartner schön. Wobei die Amerikaner, die Donald Trump seit neuestem für einen unverwundbaren Superhelden halten, häufig nüchtern sind.

So gesehen ist das nur eine kleine, beinahe homöopathische Selbsttäuschung, aus einem Wildschwein einen Löwen entstehen zu lassen. Haben beide doch vier Beine und ein Fell. Das ist bei der Mücke und dem Elefanten anders. Und da kann auch das eine zum anderen mutieren.

Und so abwegig ist die Löwen-Nummer gar nicht. War doch nur wenige Monate zuvor auf einer Szene-Hochzeit in Neukölln ein nachweislich echter Tiger präsentiert worden. Die Hochzeitsgesellschaft hatte sich das Tier von einem Zirkus ausgeliehen. Und ausgebüxt ist mal schnell. Dem Känguru, das sich aus einem Privatgehege in Derwitz befreit hatte, war das schließlich auch gelungen. Dass die Suche nach dem Beuteltier damals erfolglos verlief, lag auch daran, dass weder Drohnen noch ein Hubschrauber zum Einsatz gebracht wurden.

Fraglich, ob dies bei einem erneuten Löwen-Alarm noch einmal passieren würde. Wohnen in Kleinmachnow doch überproportional viele FDP-Wähler, denen das Sparen von Steuergeldern eine Herzensangelegenheit ist. Aber auch linke Bürger könnten ihre Raubtier-Entdeckung für sich behalten, besitzen die im Zweifel doch noch größere Häuser und Gärten, die ebenso von den immer mehr werdenden Wildschweinen belagert werden. Ich vermute, am Ende wären sie in Kleinmachnow alle froh, wenn endlich jemand Jagd auf die Viecher macht, der davon auch etwas versteht.

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.