100 Sekunden Leben - Tourist stay home - or go the Fichtelgebirge
20 000 Menschen haben am Sonntag auf Mallorca gegen den Massen-Tourismus demonstriert. Und am Montag wurde auf Sylt ein Protest-Camp Kapitalismus-kritischer Punks eröffnet. Da fragt sich unser Kolumnist, ob er besser im Fichtelgebirge Urlaub machen soll. Von Thomas Hollmann
Ich war vergangenes Jahr schon im Fichtelgebirge. In der Zeitung hatte gestanden, Bad Alexandersbad sei ein Ort alter Noblesse. Und ich habe eine Schwäche für standesgemäße Kultiviertheit. Tatsächlich pappten dann Waschbetonplatten am Hotelbalkon. Und auf dem Nachtschränkchen stand ein brauner Radiowecker. Aber eines muss man Bad Alexandersbad lassen: Weder Einheimische noch Punks haben dort gegen mich demonstriert.
Ich fühle mich da immer gleich persönlich angegriffen, wenn es heißt: Tourist go home. Dabei habe ich auf Mallorca noch nie Sangria aus Plastikeimern getrunken. Und eine Villa besitze ich dort ebenso wenig. Aber das wissen die Leute ja nicht. Die sehen mich hellhäutigen Alemán und denken: Der nimmt mir meine Wohnung weg, wenn er nicht gleich auch noch in den Hauseingang kotzt.
"I am the solution, I am a quality tourist"
Ich könnte es so machen wie die Frau, die am Sonntag in Palma mitdemonstriert hat. Die hielt ein Schild hoch, auf dem stand: "I am the solution, I am a quality tourist". Wenn ich den Spruch auf ein T-Shirt drucke, hätte ich mein Gütesiegel immer dabei - und gleichzeitig die Hände frei.
Auf Sylt müsste ich mich allerdings umziehen. Dürften die Protest-Punks dort Qualitäts-Touristen eher kritisch sehen. Tatsächlich klingt "quality tourist" wenig kapitalismus-kritisch. Da müsste ich etwas anderes auf’s T-Shirt drucken. Vielleicht "Sternburg-Export für alle - gegen jegliche alkoholische Ausgrenzung".
Sternburg-Export gibt es im Übrigen auch im Fichtelgebirge. Ich habe das Billigbier in der Einkaufspassage in Marktredwitz entdeckt. Diese unterirdische Ladenzeile ist im Übrigen derart deprimierend, dass ich dagegen glatt demonstrieren würde.