Viele Menschen stehen vor dem Eingang des Sommerbads Neukölln (Columbiabad) (Bild: picture alliance / SULUPRESS.DE/Vladimir Menck)
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100 Sekunden Leben - Der gescheiterte Freibadbesuch

Wohin in Berlin, wenn die Sonne drückt? Kolumnist Hendrik Schröder hatte da ein paar Erlebnisse.

Neulich hatte ich die komplett wahnwitzige Idee an einem wunderschönen Sommersonntag, einem richtig heißen Tag ohne eine Wolke, am Anfang der Schulferien, vormittags, also nicht zu früh… ins Freibad zu gehen. In Berlin. Einfach so. Spontan. Bisschen abkühlen. Wie naiv und dumm kann man eigentlich sein?

Was dachte ich denn? Dass man sich da am Freibad kurz gut gelaunt anstellt, ein paar Euro bezahlt, sich einen schattigen Platz sucht, ein paar Bahnen dreht, Pommes Schranke danach und schön Sonntagszeitung lesen? Hahaha. Wo lebe ich denn? 1999 sah das vielleicht noch so aus. In Bielefeld. Oder Süderbrarup. Aber nicht hier. In Berlin. Der dysfunktionalsten Stadt Europas.

Erste Station: Columbiabad, Neukölln. Das verruchte. Dass meine Begleitung und ich aber total lieben, weil da alle sind. Von überall. Von Burkini bis Oben ohne. Und soo viel Stress gibt's da gar nicht. Wir kommen an und denken: Cool, soo lang ist die Schlange gar nicht. Aber, siehe da, nach 10 Uhr kann man Tickets nur noch online kaufen. Kein Problem. Bäderbetriebe App flugs aufs Handy geladen und… "Kauf nicht möglich, das Bad ist ausverkauft". Das riesige Freibad. Sonntags um 11. Ausverkauft.

Offenbar, weil die 50 Meter Bahn gesperrt war und deswegen die Gesamtkapazität gesenkt. Vermuteten wir, weil auf den Wiesen war noch Platz, das sah man durch den Zaun. Wie frustrierend. Was tun? Auf die App geguckt. Fürs Prinzenbad gibts noch Tickets. Juhu…Hingeradelt. Auf dem Weg kurz vor dem Bad schon ein Bild wie bei der Haddsch oder als würde Taylor Swift gleich irgendwo auftreten.

Massen. Massen von Menschen und solche Massen von Fahrrädern, dass wir gar nicht wussten, wo wir unsere abschließen sollten. Alles voll, voll, voll. Logisch, dass das nicht nur für uns die Ersatzadresse war. Hätte man auch drauf kommen können. Langsam rollten wir auf das Ende der Schlange vor der Kasse zu. Securities in Westen riefen durch Megaphone zur Ordnung in den verschiedenen Schlangen. Online Tickets hier, Online Tickets hier, riefen sie. Das war alles: Faszinierend, absurd, außergewöhnlich... alles, aber kein Spaß.

Wir gingen nicht rein. Zu viel Wahnsinn. Die Sonne drückte. Am Ende landeten wir im Tiergarten auf der grünen Wiese. Herrlich, ruhig, kühl, schattig. So friedlich. Vor uns keiner, neben uns keiner. Klar, die waren ja alle im Freibad.

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.