SPD, CDU Wahlplakate zur Europawahl 2024
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100 Sekunden Leben - Eine Wahl ohne Lachen

Seit sechs Wochen gucken uns die Politiker und Politikerinnen jetzt schon an, die bei der Europawahl gewählt werden wollen. Aber manche Wahlplakate sind für unseren Kolumnisten Thomas Hollmann noch immer ein Rätsel.

Ich sehe Hildegard Bentele bestimmt 30 mal am Tag, manchmal auch 50 mal. Das hängt davon ab, an welchen und wie vielen Laternen ich vorbeikomme. Und ich gucke immer wieder hoch zu der CDU-Frau. Nicht, weil Wahlplakate etwas von Autobahnunfällen haben. Sondern weil ich nicht weiß, ob Frau Bentele mich anlächelt - oder nur so tut.

Ich kriege das einfach nicht raus. Ihr Mund zieht sich an den Enden zwar leicht clownesk in die Höhe, aber ihre Lippen sind dabei verschlossen. Wie die von Mona Lisa. Bei der sieht man auch keine Zähne. Was mutmaßlich zur Popularität der Tuchhändlersgattin beigetragen hat. Weiß man doch auch Jahrhunderte später nicht, ob sich Lisa über ihre Betrachter nur lustig macht.

Das wäre nun kein Argument, sie zu wählen. Aber zu Zeiten von Leonardo da Vinci gab es ja auch noch kein Europaparlament. Und wenn Frauen geheimnisvoll sind, kann das auch seinen Reiz haben.

Denkt sich offensichtlich auch die SPD. Katarina Barley hält ihren Mund ebenfalls geschlossen. Allerdings steht neben ihr auch Olaf Scholz. Was einen möglicherweise nicht erheitert. Zumal sich Katarina Barley fragen dürfte, was der Kanzler auf ihrem Plakat will. Die Bundestagswahl ist doch erst nächstes Jahr.

Aber Marie-Anges – die FDP-Haubitze - Strack-Zimmermann lacht schon heute nicht. Hält sie vom Kanzler, wie wir inzwischen wissen, doch reichlich wenig. Wofür Europa jedoch nichts kann. Und die grüne Terry Reintke guckt auch so streng. Fast noch strenger als Sahra Wagenknecht. Und das muss man erstmal schaffen. Nicht, dass ich vor Europa und seinen mittelalterlich anmutenden Wahlkämpferinnen noch Angst bekomme.

Es ist im Übrigen nur ein Gerücht, dass Hildegard Benteles Portrait nach der Wahl im Louvre ausgestellt wird.

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.