Saharastaub über dem Tempelhofer Feld
picture alliance / Global Travel Images | Global Travel Images
Bild: picture alliance / Global Travel Images | Global Travel Images Download (mp3, 2 MB)

100 Sekunden Leben - Wüste für Zuhause

Langsam soll er sich verflüchtigen, der Saharastaub. Schade eigentlich, findet rbb24 Inforadio-Kolumnistin Doris Anselm. Das Wüsten-Gefühl der letzten Tage hat ihr gutgetan.

Aus verschiedenen Gründen kann ich zurzeit nicht in den Urlaub fahren. Fliegen erst recht nicht. Andererseits ist das sowieso immer ein Riesenstress. Seit Jahren träume ich von Tunesien- oder Ägyptenfeeling, ohne vorher zwei Drittel meiner Seele in der Warteschlange am BER einzubüßen. Kurzum: Ich war absolut einverstanden damit, dass zur Abwechslung mal die Sahara zu mir kommt. Das ist auch einfach zeitgemäß, denn schließlich kann man sich heute so ziemlich alles nach Hause liefern lassen, zum Beispiel afrikanisches Essen, warum also nicht auch eine Portion afrikanische Wüste? Et voilà: Saharastaub hat’s möglich gemacht.

Zugegeben: Viel mehr als eine leichte Trübung am Himmel hab’ ich rein sachlich gar nicht mitgekriegt davon, aber allein das Wissen war aufregend! Sommerliche Temperaturen und Saharastaub – Da wurde jeder Gruppenspaziergang übers Tempelhofer Feld gefühlt zur Beduinenkarawane. Zuhause hatte ich in den letzten Tagen fast immer die Fenster offen, da frage ich mich jetzt, wieviel Sahara wohl nach Abklingen der Staubwolke in meiner Wohnung verblieben ist. Diese exotisch-weitgereisten Partikel will ich nicht einfach achtlos wegsaugen.

Und was soll ich machen, sie haben sich fantastisch integriert, ja assimiliert, ja ununterscheidbar verbunden mit meinen alteingesessenen Flusen aus mitteleuropäischem Hausstaub! Also erlaube ich mir jetzt erstmal ein Putz-Moratorium. Wer weiß, vielleicht ist der Saharastaub auch gut für die Zimmerpflanzen. Immerhin dient er dem Regenwald am Amazonas als wichtigster Mineraldünger, hab’ ich gelesen. Ich freu mich schon auf die nächste Wolke. Vorher muss ich nur mal recherchieren, ob man sich irgendwo ums Tempelhofer Feld herum ein Kamel mieten kann.

Auch auf rbb24inforadio.de

100 Sekunden Leben
rbb

100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.