100 Sekunden Leben - Mein ganz persönlicher Heimatfilm
Unser Kolumnist Thomas Hollmann ist eigentlich kein Fan von Freitagabend-Feelgod-Filmen. Doch aktuell ist das anders: Ab 20.15 Uhr möchte er nicht gestört werden, denn der dann laufende Heimatfilm versetzt ihn geradewegs zurück in seine Jugend.
Ich gucke normalerweise keine Freitagabend-Feelgood-Filme. Aber den heute Abend schon. Denn der spielt in Burgsteinfurt. Und da komme ich her.
Vergangenen Freitag lief der erste Teil von „Vorübergehend glücklich“. Da hatte ich schon so eine Ahnung, als ich die Ankündigung las: "Die erfolgreiche Pharma-Vertreterin Sonja Stellbrink verschlägt es nach beruflichen und ehelichen Turbulenzen in ihre alte Heimat, in die Münsterländische Kleinstadt Vredenhorst". Nun kenne ich kein Vredenhorst, dafür ein Hauenhorst und ein Horstmar. Und Vreden ist auch gleich um die Ecke. Und dann schwenkte auch schon das Burgsteinfurter Wasserschloss ins Bild. Davor standen wir immer, wenn wir nach Münster getrampt sind. Und da hätte ich fast geweint, als mir das einfiel.
Komisch, beim Berliner Tatort werde ich nie sentimental. Selbst wenn am Kotti ermittelt wird. Und da habe ich schon Dutzende Döner gegessen. Aber Rod Steward hat eben doch recht, wenn er singt: "The first cut is the deepest". So tief rein wie beim ersten Mal geht’s danach nicht wieder. Da kann ich hundert Jahre in Berlin leben. Mein first cut bleibt Burgsteinfurt.
Deshalb werde ich heute Abend der patent-westfälischen Sonja ergriffen dabei zusehen, wie sie die väterliche Apotheke - mitsamt dem Vater - auf Vordermann bringt. Obwohl die richtige Apotheke gegenüber liegt. Gedreht wurde in der ehemaligen Drogerie Flintermann. In der ist inzwischen ein Raumausstatter. Das hat mir der Redakteur vom Steinfurter Kreisblatt gesagt, den ich für meine notwendige Nostalgierecherche angerufen habe.
Der Kollege hat heute Abend im Übrigen keine Zeit für heimatliches Feelgood. Er muss arbeiten. Naturschützer drohen, gegen die geplante Landesgartenschau zu klagen. - Also, damit kann ich jetzt nichts anfangen. Das ist mir irgendwie - zu wenig gestrig.