Es wird ja oft über den Untergang des Abendlands philosophiert. Blödsinn! Stattdessen müssen wir dringend über den Untergang des Morgenlands reden. Genauer: Über den Untergang des Morgenlands IM Abendland. Der vollzieht sich schleichend, auch hier in Berlin.

Eine Unsitte, die mir größte Sorgen macht, breitet sich aus, vor allem in asiatischen Restaurants. Denn dort streut man jetzt auf das Rote Curry oder die Tom Kha Gai Suppe immer häufiger statt Koriander: Petersilie! Joa, sieht ja fast gleich aus. Aber die Geschmackskombi, die dabei rauskommt, ist ungefähr so passend wie Labskaus mit Zitronengras.

Auf meine Nachfrage, warum der Koriander in Ungnade gefallen sei, sagten mir schon mehrere Bedienungen lächelnd, "dass viel Leute hier mögen nicht". Petersilie dagegen ist offenbar allen egal. Ähnliches ist mir auch schon mit im Supermarkt gekaufter Guacamole passiert. Ich weiß, die Avocadocreme stammt nicht aus dem Morgenland, sondern aus Südamerika. Geschmacklich war das Produkt, das ich erwarb, allerdings näher bei Frankfurter Grüner Sauce: Petersilie statt Koriander! Es schmeckte so komisch, dass ich auf dem Etikett nachguckte, ob womöglich die Limette durch Sauerampfer ersetzt worden war.

In Deutschland formiert sich eine korianderfeindliche Front. Leute, die sagen, Koriander schmecke wie Seife, gleichzeitig aber das Argument nicht gelten lassen, dass mancher Käse schmeckt wie alte Socken. Vielleicht ist es auch einfach der kapitalistische Trend, alles, was irritieren könnte, vorauseilend zu streichen, um die möglichst größte Zahl von Kunden zu kriegen. Sobald Manager in die Küche reinregieren, wird’s immer geschmacklos. Koriander muss bleiben! Beim Essen gilt, wie bei vielem anderen auch: Der kleinste gemeinsame Nenner ist selten ein Renner.