100 Sekunden Leben - Die Sonne, die Menschen zu Reptilien macht
Am Dienstag wird es wieder sonnig in Berlin und Brandenburg. Kein Regen, kein Schnee, kein Sturm, stattdessen ein strahlender Himmel. Das gefällt dem Kolumnisten Thomas Hollmann, der gerade seine reptile Natur erkennt.
Manchmal glaube ich, ich bin eine Eidechse. Warum sonst sollte ich so dastehen, minutenlang und wie erstarrt, meinen Kopf gen Himmel gereckt? Andere Menschenechsen haben das die vergangenen Tage auch gemacht. Ich habe das beobachtet. Offensichtlich gibt es ein Bedürfnis auch nicht-wechselwarmer Lebewesen nach strahlender Wärme.
Dabei hat die Sonne imagemäßig gerade keinen leichten Stand. Ist sie nach all den Jahrtausenden plötzlich nicht mehr der große Lebensspender, sondern ein bedrohlichen Dürremacher und hinterhältiger Hautkrebsler. Dabei bekommt man im Januar gar keinen Sonnenbrand. Da kann man sich entspannt auf dem Bürgersteig entblößen. Was exhibitionistischen Mitbürgern zugutekommen dürfte. Und so viel Wasser, wie derzeit auf den Wiesen steht, muss die Sonne lange wummern, bis da mal irgendwas trocken wird.
Geradezu unschuldig kann einem diese frühe Sonne vorkommen. Und vielleicht sollte man ihr so auch entgegenblicken: erwartungsfroh und arglos. Wie einer neuen Liebe. Der sagt man auch: Gut, dass es dich gibt. Verströmt die Sonne doch nicht nur UV-Licht, sondern auch einen kolossalen Zauber und einen mindestens so großen Reiz. Weiß doch niemand, wer die da oben hingeklebt hat. Die Sonne ist ein universales Rätsel. Und im Gegensatz zur neuen Liebe, behält sie ihren Reiz und auch ihren Zauber.
Und das Beste: Die orangenen Männchen von der BSR waren bei uns unterwegs und haben den Rollsplit aufgefegt. Ich kann mich jetzt ohne jedes Knirschen und damit artgerecht zu dem Sonnenplatz hinbewegen, wo ich mich – oh Wunder - in ein Reptil verwandele.