Polizeibeamtinnen und Beamten verteilen Flyer zur Messervebotszone-
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Interview - Kriminologe zu Messergewalt: Prävention statt Verbotszonen

In einem Berliner U-Bahnhof hat es am Samstag einen tödlichen Messerangriff gegeben. Nun wird darüber diskutiert, die Verbotszonen auszuweiten. Kriminologe Dirk Baier sagt, damit bekämpfe man nicht die Ursachen.

Die tödliche Messerattacke im U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz in Berlin-Charlottenburg hat erneut eine Debatte über den Umgang mit solchen Gewalttaten ausgelöst. So gibt es Forderungen nach einer Ausweitung von Messerverbotszonen. Bislang gibt es davon drei in Berlin. Dirk Baier, Professor für Kriminologie und Präventionsforschung an der Universität Zürich, hält die Verbotszonen aber für wenig sinnvoll.

"Erstens muss man sie auch kontrollieren können, sonst sind sie nur Papiertiger", sagt er. "Die Ressourcen hat die Polizei gar nicht." Zweitens komme man so nicht an die Ursachen. "Da muss Prävention ran, da muss man in die Schulen. Und da sind die Waffenverbotszonen jetzt aus meiner Sicht nicht der beste Weg, um das zu verändern." Auch wissenschaftliche Untersuchungen hätten bislang eher gemischte Befunde zu ihrer Wirkung geliefert: "Die Kriminalität ist nicht nachweislich gesunken, das Sicherheitsgefühl ist nicht nachweislich gestiegen", so der Experte.

Baier: Politik will nicht ans Bedrohungsmanagement ran

 

Stattdessen sei es wichtig, dass Polizei und andere Organisationen besser werden beim sogenannten Bedrohungsmanagement. Dafür gebe es mittlerweile Verfahren und Instrumente, um einschätzen zu können, was möglicherweise der nächste Schritt einer mit Gewalt aufgefallenen Person sein könnte. Kriminologe Baier hat aber den Eindruck: "So richtig will die Politik da anscheinend nicht ran." Die Verantwortlichen stünden unter dem enormen Druck der Öffentlichkeit, zu signalisieren, dass sie etwas tun. "Und deswegen kommt dann als allererstes die Waffenverbotszone."

Hintergrund

Senat und BVG wollen über Messerverbotszonen im ÖPNV sprechen

Der Berliner Senat und die BVG erwägen, die Messerverbotszonen im öffentlichen Nahverkehr auszuweiten. Das hat Verkehrsenatorin Ute Bonde (CDU) dem rbb bestätigt. Zunächst müssten allerdings Sicherheitsexperten entsprechende Vorschläge erarbeiten. Dann werde man auch in die Umsetzung kommen. Es sei aber durchaus vorstellbar, die bestehenden Verbotszonen auszuweiten.

Der Vorstandschef der BVG, Henrik Falk, sagte dem rbb, gefährliche Gegenstände dürften schon jetzt nicht im Nahverkehr mitgeführt werden. Dennoch könnten Messerverbotszonen eine andere Grundlage für die Polizei sein zu handeln. Entscheidend sei, dass Kunden im Ernstfall richtig reagieren. Bereits jetzt gebe es auf jedem Bahnhof Notrufsäulen, es gebe viele Kameras, damit sei also schon eine gute Grundlage vorhanden. Trotzdem würde er neue Messerverbotszonen unterstützen.

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