Britta Hasselmann und Katharina Droege (Grüne)
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Interview - Wirtschaftsweiser Truger: Investitionen richtig - aber nicht so

Der politische Streit um das geplante Sondervermögen geht weiter. Der Wirtschaftsweise Prof. Achim Truger sieht die Notwendigkeit, teilt jedoch die Kritik der Grünen.

Ob es wirklich zum dicken Finanzpaket kommt, das sich Union und SPD vorgenommen haben, ist unklar. Die Grünen stimmen den Plänen Sonderschulden und zur Lockerung der Schuldenbremse noch nicht zu – ihnen ist zu wenig Klimaschutz im Paket. Außerdem fordern sie eine generelle Lockerung der Schuldenbremse, nicht nur für Militärhilfe.

Achim Truger ist Professor für Sozio-Ökonomie und Staatsfinanzen an der Uni Duisburg-Essen und einer der "Wirtschaftsweisen", die die Bundesregierung beraten. Auch er sieht eine Reform der Schuldenbremse als notwendig an, weil die Investitionsbedarfe von rund 500 Milliarden Euro mit ihrer jetzigen Form nicht zu decken seien. "Es ist aber sinnvoll, solche Investitionen kreditzufinanzieren. Insofern ist das grundsätzlich richtig."

Truger: Kreditfinanzierung für Infrastruktur grundsätzlich richtig

 

Bei der Verteidigung sähe es etwas anders aus. Eine Änderung der Schuldenbremse sei sinnvoll, wenn man kurzfristig hohe Ausgaben habe, die plötzlich kämen. Ob man aber langfristig zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts kreditfinanzieren sollte, "da hätte ich Zweifel, das muss man dann in der Praxis, in der Ausgestaltung sehen."

Die Grünen kritisieren insbesondere, dass in den Plänen der künftigen Regierung Posten wie Erhöhung der Pendlerpauschale oder der Mütterrente stehen, die eigentlich mit einem normalen Haushalt und nicht mit einem Sondervermögen finanziert werden müssten. Der Wirtschaftsweise kann diese Kritik nachvollziehen:

Wirtschaftsweiser warnt vor Zweckentfremdung des Sondervermögens

 

"Ich bin mir nicht sicher, wie das überhaupt gemeint ist, was die potentielle künftige Regierung da möchte. In dem Gesetzentwurf für die Verfassungsänderung, da steht ja Sondervermögen für Infrastruktur, da ist dann Digitales, Forschung, Entwicklung, Verkehrsinfrastruktur und so weiter aufgezählt. Das ist erstmal nicht zu beanstanden."

Im Sondierungspapier würden aber eben jede von den Grünen kritisierten Ausgaben aufgeführt. Sollten die tatsächlich über das Infrastruktur-Sondervermögen finanziert werden, sei das eine unzulässige Vermischung: "Das wäre dann tatsächlich eine Zweckentfremdung und dann sind die 500 Milliarden schnell weg, ohne dass man einen wirklichen Schub für die Infrastruktur hinbekommt. Das wäre natürlich schlecht."