Havarierter Tanker vor Rügen
NDR
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Interview - Greenpeace fordert Maßnahmen gegen Schattenflotte

Vor der Küste Rügens ist ein Öl-Tanker havariert. Er gehöre zur russischen Schattenflotte, mit der EU-Sanktionen umgangen werden, sagt der Greenpeace-Experte Thilo Maack. Die Bundesregierung müsse dagegen vorgehen.

Vor der Insel Rügen trieb ein Tanker manövrierunfähig in der Ostsee - mit fast 100.000 Tonnen Öl an Bord. Das Schiff ist mittlerweile gesichert und wird Richtung Osten geschleppt. Es sei kein Öl ausgelaufen, hieß es. Die "Eventin" sei Teil der russischen Schattenflotte, sagt der Meeresbiologe Thilo Maack von der Umweltorganisation Greenpeace. Die Havarie zeige, wie gefährlich diese Schiffe für die Sicherheit und Umwelt in Europa seien. Wenn der Tanker in andere Fahrwasser geraten wäre, hätte eine Öl-Katastrophe gedroht.

Das Schiff sei wie alle Tanker der Schattenflotte aus einem der russischen Ostsee-Ölhäfen Primorsk oder Ust-Luga gekommen, so Maack. In diesem Fall sollte es nach Ägypten gehen. Das Rohöl sei für China beziehungsweise Indien bestimmt gewesen. Dort werde das Öl raffiniert und gehe dann als Ölprodukt - also Kerosin, Diesel, Benzin - wieder zurück in alle Welt, unter anderem auch nach Europa:

"Russland umgeht mit dieser Schattenflotte die EU-Sanktionen und finanziert mit den Profiten aus dem Verkauf von seinem Rohöl den Krieg gegen die Ukraine. Das kann nicht sein, da muss ganz dringend gegen vorgegangen werden. Und dieser Vorfall mit der 'Eventin' zeigt, was das für ein gefährliches Spiel ist, das Russland hier treibt, mit uns allen."

Greenpeace: Tanker sind alt und schlecht gewartet

 

192 Schiffe zählt Greenpeace zur russischen Schattenflotte. Alle zeichnet demnach aus, dass sie älter als 15 Jahre und schlecht gewartet sind. Ab 15 Jahren sei ein Öltanker nicht mehr sicher für den Transport von Rohöl, sagt der Greenpeace-Experte. Ein Tanker der Flotte habe an Weihnachten ein Kommunikationskabel im Meer beschädigt – die Schiffe seien also auch ein Sicherheitsrisiko.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist am Dienstag nach Helsinki, um dort mit den NATO-Partnern über die Bedrohung durch die russische Schattenflotte zu beraten. "Wir fordern von der Bundesregierung, dass ganz konsequent gegen die Schattenflotte vorgegangen wird. Es kann nicht sein, dass trotz bestehender Sanktionen die russische Kriegskasse gut gefüllt ist, um Raketen zu bauen, um damit in Kiew Kindergärten und Krankenhäuser zu beschießen", sagt Maack.