Interview - Fratzscher: Wahlkampfversprechen sind nicht finanzierbar
Vor der Bundestagswahl versprechen die Parteien, die Wirtschaft anzukurbeln und die Bürger zu entlasten. Es gebe aber kein Geld zu verteilen, die Enttäuschung sei vorprogrammiert, sagt Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht keine Spielräume für Steuerentlastungen, wie es die Parteien im Wahlkampf versprechen.
"Unser Land steht wirtschaftlich sehr schlecht da. Die Wirtschaft stagniert oder schrumpft sogar leicht wie im letzten Jahr. Da wird kein Geld zu verteilen sein", sagt der DIW-Chef. Die Parteien würden das "Blaue vom Himmel" versprechen, es fehle an Ehrlichkeit. Wenn man der einen Gruppe etwas gebe, müsse man es anderer Stelle wegnehmen.
"Dass die wirklich harten Einschnitte, dass diese wirtschaftliche Lage auch Verzicht bedeutet, Veränderung, schmerzvolle Veränderung, das traut sich keine Partei anzusprechen. Und das ist ein Problem, weil damit die Enttäuschung vorprogrammiert ist."
Fratzscher: Mehr in Infrastruktur investieren
Die Verlagerung der Produktion ins Ausland und damit von Industriearbeitsplätzen könne die Politik nur schwer verhindern, meint Fratzscher. Die jetzige Bundesregierung versuche, die Abwanderung zum Teil mit riesigen Subventionen an einzelne Unternehmen oder Branchen abzuwenden, das funktioniere aber nicht. Das Geld sollte besser in die Strukturen fließen.
"Sie können nicht die ganze Wirtschaft subventionieren, sondern der bessere Weg sind bessere Rahmenbedingungen. Der Staat muss mehr in eine gute Infrastruktur investieren, in gutes Bildungssystem, in Innovationen, muss Bürokratie abbauen."