Interview - Ein Jahr nach der Correctiv-Recherche: Was haben die Proteste gebracht?
Ein Jahr nach der Correctiv-Recherche zu einem Treffen von AfD-Politikern mit Rechtsextremen ist die enstandene Protestwelle abgeflaut. Das sei normal, sagt Protestforscherin Nina-Kathrin Wienkoop.
Vor einem Jahr berichtete die Rechercheplattform Correctiv von einem geheimen Treffen mehrerer AfD-Politiker mit Rechtsextremen in Potsdam. Dort wurden brisante Themen besprochen - insbesondere die sogenannte „Remigration“, also die Ausweisung auch von Deutschen mit Migrationshintergrund löste große Empörung aus.
Bundesweit gingen wochenlang insgesamt weit über ein Million Menschen auf die Straße, demonstrierten für ein AfD-Verbot und für mehr Humanität. Es sah so aus, als ginge ein Ruck durch Deutschland. Und heute? Die AfD steht in Umfragen bei rund 20 Prozent, die großen Demos von damals scheinen fast vergessen zu sein.
Protestforscherin: Demonstrationen haben langfristige Effekte für politische Kultur gehabt
Das Institut für Protestforschung hat dazu im Dezember eine Studie veröffentlicht: "Ohne Demokratie ist alles nichts" heißt sie. Studienleiterin Dr. Nina-Kathrin Wienkoop sagt, Proteste verliefen immer in Wellen, insofern sei es normal, dass auf eine große Mobilisierung eine Demobilisierung folge.
Außerdem brauche es immer einen politischen Anlass für eine große Protestbewegung – so wie eben vor einem Jahr die Recherche von Correctiv. "Wir werden jetzt sehen, ob es in nächster Zeit wieder Gelegenheiten gibt für eine Re-Mobilisierung."
Ein Zusammenhang zwischen Protesten und Wahlergebnissen sei ohnehin nicht vorherzusagen, so die Protestforscherin. Allerdings habe die Welle einen langfristigen Effekt für die politische Kultur gehabt: So hätten mehr als die Hälfte der Befragten angegeben, dass sie sich mittlerweile häufiger in politischen Diskussionen im Alltag einmischten.