Interview - Ökonom Schnabl: Müssen durch das Tal der Tränen durch
Die Wirtschaft steckt in der Krise, Stellenabbau im großen Stil ist in der deutschen Industrie angekommen. Gunther Schnabel von der Denkfabrik Flossbach von Storch sagt: Es braucht grundlegende Reformen.
Die negativen Wirtschaftsmeldungen reißen nicht ab: Deutschlands größte Stahlfirma Thyssenkrupp Steel will die Zahl der Arbeitsplätze um 11 000 reduzieren; wichtige Autozulieferer wie Bosch oder ZF Friedrichshafen planen ebenfalls, Tausende Stellen zu streichen; und Europas größter Autobauer Volkswagen spricht erstmals in der Firmengeschichte davon, Werke im Inland zu schließen. Dazu steht Deutschland vor dem zweiten Rezessionsjahr in Folge.
Was läuft da schief, und wie kommt die größte Volkswirtschaft Europas da wieder raus? Der Ökonom Gunther Schnabl, Direktor des Think Tanks Flossbach von Storch Research Institute, sieht viele Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie derzeit reduzierten: "Die hohen Energiepreise sind das Eine, wir haben aber auch einen hohen Arbeitskräftemangel und sehr umfassende, tiefeingreifende Regulierungen." Das alles führe nun vermehrt zum Abbau von Arbeitsplätzen und somit zu Arbeitslosigkeit.
Schnabl: Lange hat man die hohen Kosten nicht gespürt
Die jetzige Krise war vorauszusehen, sagt Schnabl: "Lange Zeit hat man die hohen Energiekosten und auch die hohen Regulierungskosten nicht gespürt, weil die Europäische Zentralbank die Zinsen sehr niedrig gehalten hat. Jetzt musste sie aber in Reaktion auf die steigende Inflation ab 2022 die Zinsen stark erhöhen. Und jetzt hat die deutsche Industrie hohe Energiekosten, hohe Lohnkosten und deutlich gestiegene Finanzierungskosten. Und damit war die Krise auch abzusehen."
Wachstum könne nur durch grundlegende Reformen entstehen. Doch Hoffnung auf schnelle Besserung macht der Ökonom nicht: "Wir müssen durch das Tal der Tränen gehen. Wir müssen die Reformen zügig anpacken […] und dann wird sich mit etwas Verzögerung die wirtschaftliche Lage auch wieder verbessern. Wir werden aber um die grundlegenden Reformen nicht herumkommen und kurzfristige Politikansätze werden diese grundsätzlichen Probleme auch nicht lösen."