Olaf Scholz und Boris Pistorius
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Interview - Parteienforscher Neugebauer rät SPD von Kandidatenwechsel ab

In der SPD grummelt es – und manche Mitglieder wünschen sich Boris Pistorius anstelle von Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten. Der Berliner Parteienforscher Gero Neugebauer rät der SPD jedoch davon ab.

Olaf Scholz weilt noch in Rio, zu Hause aber kocht die Debatte hoch, ob er der Richtige als Kanzlerkandidat ist. Das Grummeln in der Partei, von dem Fraktionschef Rolf Mützenich letzte Woche sprach, hat langsam Gesichter und Namen bekommen. Meistens mit dem Zungenschlag: Olaf Scholz sei nicht Schuld am Scheitern der Ampel, werde aber vom Wähler damit in Verbindung gebracht. Und mit dem Verweis auf die Umfragen, nach denen Boris Pistorius um einiges beliebter ist.

Der Berliner Politikwissenschaftler rät der SPD dennoch davon ab, den Kanzlerkandidaten zu wechseln. "Die Öffentlichkeit jetzt mit einem Kandidatenwechsel zu konfrontieren, das schadet der SPD sehr viel mehr. Vor allem, wenn es ein Kandidat ist, der nicht die Kompetenzen hat, wie sie der gegenwärtige Kanzler besitzt."

Der Hype um Boris Pistorius könne ohnehin schnell wieder vorbei sein. Außerdem, so Neugebauer: "Die Person hat bei der SPD – von Willy Brandt mal abgesehen - nie die herausragende Rolle gespielt, die auf einmal Pistorius spielen soll." Außerdem habe Pistorius bislang selbst gesagt, er wolle gar nicht kandidieren. Solle er seine Meinung nun ändern, könne die Öffentlichkeit schnell sagen: "Heute hü, morgen hott."

Hintergrund

Die SPD-Führung will offenbar am Dienstagabend über die Frage der Kanzlerkandidatur beraten. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Parteiquellen. Als erste hat die "Bild" über einen geplanten Krisengipfel geschrieben.

An der Schalte sollen die SPD-Chefs Esken und Klingbeil, die stellvertretenden Vorsitzenden sowie Generalsekretär Miersch teilnehmen. Ob auch Kanzler Scholz dabei ist, ist noch offen. Er ist im Moment noch beim G20-Gipfel in Rio de Janeiro und fliegt am Abend erst zurück.

Am Dienstag hat sich auch Thüringens SPD-Chef Maier gegen eine neue Kandidatur von Scholz ausgesprochen. Vor ihm haben schon mehrere SPD-Politiker und Kreisverbände gefordert, dass Verteidigungsminister Pistorius als beliebtester deutscher Politiker für die Partei in den Wahlkampf zieht.