Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator, bei einer Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses.
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Interview - Politologe: Linke trudelt in die Beliebigkeit

Die Austritte von prominenten Mitgliedern aus der Berliner Linken reihe sich in eine Abwärtsspirale der Partei ein, sagt der Politikwissenschaftler Oliver Lembcke. Die Linke verliere auch bundesweit immer weiter an Sichtbarkeit und Relevanz.

Fünf Berliner Abgeordnete haben im Streit um die richtige Positionierung gegen Antisemitismus die Linkspartei verlassen. Es handelt sich um die früheren Senatoren Elke Breitenbach, Klaus Lederer und Sebastian Scheel, außerdem um den früheren Fraktionsvorsitzenden Carsten Schatz sowie Haushaltsexperte Sebastian Schlüsselburg.

Lembcke: Keine Zeit für lange Selbstfindung

 

Die Austritte reihten sich ein "in eine Abwärtsspirale, die geradezu existenzgefährdende Züge besitzt", sagt der Politikwissenschaftler Oliver Lembcke von der Ruhr-Universität Bochum. "Die Linken trudeln so in einen gewissen Bereich der Beliebigkeit, man kann auch ohne sie."

In dieser Situation könne man sich keine langen Phasen der Selbstfindung leisten, so Lembcke. "Sondern da muss man sehr stark und schnell und entschieden gegensteuern." Ein offener Umgang mit dem Thema Antisemitismus wäre nach Sicht des Politikwissenschaftlers dafür wichtig gewesen.

Auseinandersetzung mit Antisemitismus wichtig

 

Das Thema schneide mitten durch die linke Klientel. "Auf der einen Seite diejenigen, die sagen, die Shoah ist unser Ausgangspunkt – auf der anderen Seite die, die postkolonial sagen, Israel ist Teil dieser westlichen Hegemonie." Eine Partei, die von Deutschland erwarte, internationale Verantwortung zu übernehmen, müsse eine Antwort auf das finden, was im Gaza-Krieg zu beobachten sei – "also eine berechtigte Kritik an israelischer Führung [...] auf der einen Seite, und auf der anderen Seite eine klare Absage an Terrororganisationen", so Lembcke.

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Tobias Schulze spricht auf dem Parteitag der Linkspartei.
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