Interview - Shell-Studien-Macher: Jugend blickt sorgenvoll auf Krieg
Die erste Shell-Jugendstudie seit fünf Jahren ergibt: Die Jugendlichen haben große Angst vor Krieg, blicken aber optimistisch in die persönliche Zukunft. Warum das kein Widerspruch ist, erklärt der Psychologe Ingo Leven, der die Studie geleitet hat.
Die Shell-Studie fühlt alle paar Jahre der Jugend in Deutschland den Puls: Wie es den jungen Leuten geht, was sie umtreibt, antreibt, wovor sie Angst haben. Jetzt ist die aktuelle Studie erschienen, es ist die erste seit fünf Jahren. Also die erste seit Corona und seit den Kriegen in Nahost und der Ukraine. Wie blicken junge Leute heute auf die Welt - welche Themen brennen ihnen auf den Nägeln - im Vergleich zu damals?
Leiter des Forscherteams ist der Psychologe Ingo Leven vom demoskopischen Institut Verian. Er bestätigt, dass sich in der Zwischenzeit Einiges getan hat: "Die Jugend blickt heute vor allem sehr sorgenvoll auf das, was sich in der Gesellschaft tut. Hier ist der Krieg in Europa ganz weit vorne unter den Sorgen. Aber auch die Armut und die schlechte Wirtschaftslage […] umtreibt die jungen Menschen noch deutlich mehr, als das vor fünf Jahren der Fall war."
Kontakt mit Kriegsbetroffenen zeigt: Doch nicht so schlecht in Deutschland
Auf der anderen Seite seien Jugendliche heute deutlich optimistischer, sagt der Psychologe: "Sie sehen sehr gute Chancen, ihre beruflichen Wünsche verwirklichen zu können, […] den Schulabschluss zu schaffen oder nach der Ausbildung übernommen zu werden. All das sind Sachen, die junge Menschen heute deutlich zuversichtlicher stimmen, als das noch vor fünf oder vor allem auch vor 15 Jahren noch der Fall war."
Angst auf der einen und Optimismus auf der anderen Seite widersprechen sich dabei nicht, sagt Leven: "Wir sind nicht vom Krieg unmittelbar betroffen, sondern wir kriegen es halt mit, wenn zum Beispiel ukrainische Schutzsuchende in der Schulklasse auftauchen und einem erzählen, was ein Bombenalarm […] mit einem macht. Und dann merkt man vielleicht auch erstmal, wie dankbar man sein kann, dass man hier in Deutschland lebt und dass es vielleicht doch nicht so schlecht ist."
Leven sieht eine "Generation, die die Hacken zusammenschlägt"
Das Vorurteil, die "Generation Z" habe keine Lust auf Arbeit, bestätige die Studie keinesfalls, sagt der Forscher: "Da ist jetzt erstmal keine Abwehrhaltung gegen Arbeit angesagt, sondern die sehen da sozusagen verschiedenste Wege in Arbeit, die sie dann halt auch zufriedenstellt. […] Das ist eher eine Generation, die die Hacken zusammenschlägt und eher nach vorne kommen möchte."