Interview - Politologe Lucke: SPD will "Schicksalswahlkampf" gegen Merz
Die SPD stellt erste Weichen für den Bundestagswahlkampf 2025. Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke erkennt einen cleveren Schachzug: Die Fokussierung auf die Figuren Scholz und Merz.
Entlastung von 95 Prozent der Steuerzahler, Kaufprämie für E-Autos und Mindestlohn von 15 Euro: Mit einem Strategiepapier zur Beendigung der Wirtschaftsflaute stellt die SPD erste Weichen für den Bundestagswahlkampf 2025. Steuerliche Anreize für Unternehmen, eine Reform der Schuldenbremse und weitere Maßnahmen zur Senkung der Strompreise stehen weiterhin auf dem sechsseitigen Papier mit dem Titel "Wir kämpfen für Deutschlands Zukunft: Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze sichern, Beschäftigte entlasten".
Lucke: "SPD macht aus alten Hüten wieder neue"
Positiv ausgedrückt besinnt sich die SPD damit wieder auf ihren Markenkern. Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler und Redakteur der Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik“, meint: "Wenn man böse wäre, könnte man auch sagen: Sie holt die alten Hüte wieder raus […] und macht sie wieder zu neuen."
Die SPD zeige sich kampfwillig und habe vor allem einen Adressaten, so Lucke: "Das ist der Wunsch, einen Schicksalswahlkampf […] gegen die Merz-CDU zu praktizieren. Man versucht, CDU und CSU als die Parteien der sozialen kälte darzustellen und man selber ist die Partei der Wohltat, derer, die der ganz großen Mehrheit der Bevölkerung ein besseres Leben ermöglicht."
Zweikampf mit Merz ist Scholz' "letzte Patrone"
Das sei in gewisser Weise "Sozialdemokratie pur", sagt der Politikwissenschaftler, es gehe aber an den großen Herausforderungen vorbei: "Wie halten wir es mit der Verteidigung? Wie halten wir es mit ökologischer Nachhaltigkeit? Wie halten wir es mit den Themen, die das Land etwas kosten werden? […] Davon enthält sich die SPD. Es ist also ein großer Strauß an Versprechungen, die sie hier wieder ausschüttet."
Mit diesem Programm, bei dem weder AfD noch BWS erwähnt werden, versuche die SPD zu kanalisieren und die volle Konzentration auf die Personen Scholz und Merz zu lenken. Die anderen würden quasi "an den Katzentisch verdammt. Das ist clever, weil damit natürlich Scholz eine Aufwertung erfährt." Allerdings sei diese auch Scholz‘ "letzte Patrone", um Merz einzuholen.