Interview - Politologin: Ängste der Deutschen haben sich verlagert
Bereits zum 33. Mal hat das Infocenter der R+V Versicherung 2024 die Bürgerinnen und Bürger zu ihren Ängsten befragt. Die beteiligte Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki erklärt, dass trotz vielfältiger Ängste gar eine leichte Stimmungsaufhellung zu erkennen ist.
In Deutschland sorgen sich die Menschen weiterhin am meisten um steigende Lebenshaltungskosten. Dies geht aus einer Studie der R+V Versicherung hervor. Auf Platz Zwei stehe in diesem Jahr "die Überforderung des Staates durch Geflüchtete", sagt Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki, die eine der Autorinnen der Studie ist. "Und nach wie vor auf Platz Drei, dass Wohnen in Deutschland unbezahlbar ist."
Die Studie zeige, dass man es mit einer Verlagerung der Ängste zu tun habe, erklärt Borucki. Die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten und vor zu teurem Wohnraum seien beide um acht Prozentpunkte gesunken. Insofern sei das eine Verlagerung der Ängste.
Polarisierende Debatten
Am stärksten stiegen in diesem Jahr laut Studie hingegen die Sorgen bei Themen rund um Migration. So befürchten 51 Prozent (plus vier Prozentpunkte) der Bevölkerung Spannungen durch Einwanderung und 46 Prozent (plus acht Punkte) wachsenden politischen Extremismus.
Die Angst in diesem Bereich sei, so Borucki, auch eine Reaktion auf polarisierende öffentliche Debatten, "weil die Medienberichte über Konflikte und Integration entsprechen einfach den Nachrichtenfaktoren nach Negativität und verstärken dann auch noch möglicherweise Gefühle staatlicher Unfähigkeit in Verbindung mit kulturellen Ängsten."
Insgesamt sei der Angstindex, der Borucki zufolge alle Ängste summiert aufzeigt, mit 42 Prozentpunkten um drei Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gefallen. "Insofern könnte man das fast als eine Stimmungsaufhellung bezeichnen."