Interview - Fratzscher (DIW) fordert Anreize für Unternehmen
DIW-Chef Marcel Fratzscher fordert mehr Anreize für Unternehmen, um die Konjunktur wieder zu beleben. Der Schlüssel liege im Vertrauen - Wirtschaft sei Psychologie.
Die deutsche Wirtschaft bleibt weiter im Abschwung, schon das zweite Jahr in Folge. Der Bundeswirtschaftsminister präsentiert am Mittwoch die Herbst-Projektion 2024. Die Eckdaten: Die Industrie schwächelt, die Energiepreise sind im europaweiten Vergleich zu hoch. Exportweltmeister Deutschland verkauft zu wenig Produkte und im Inland konsumieren die Verbraucher zu wenig. Also: Die deutsche Wirtschaft schrumpft weiter, um 0,2 Prozent.
Fratzscher: Lieber allen helfen als wenigen Unternehmen
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sieht wenig Sinn in staatlichen Hilfen für einzelne Branchen oder Unternehmen, wie beispielsweise eine von manchen geforderte Abwrackprämie. "Besser wäre, […] alle Bürgerinnen und Bürger zu entlasten, aber auch alle Unternehmen zu entlasten, also nicht einigen wenigen helfen, sondern allen."
Fratzscher plädiert beispielsweise für steuerliche Entlastung bei gesunden Lebensmitteln: "Viele Menschen mit wenig Einkommen kämpfen vor allem mit 30 bis 40 Prozent höheren Kosten für Lebensmittel. Das trifft den kleinen Mann, die kleine Frau besonders hart. Und auch bei den Unternehmen wäre eine Entlastung wichtig. Lieber etwas, was schnell allen hilft, aber bitte auch zielgenau, dass es dort ankommt, wo es besonders benötigt wird."
Viele Unternehmen klagen über die überbordende Bürokratie im Land. Das, so Fratzscher, sei "ein dickes Brett, weil sie da Regeln umstellen müssen, Abläufe. Ich glaube, da sollten wir keine allzu großen Hoffnungen draufsetzen."
"Wirtschaft ist Psychologie"
Der Schlüssel liegt für Fratzscher im Vertrauen, Wirtschaft sei Psychologie. Wenn Unternehmen nicht glaubten, dass sich ihre Investitionen lohnen, würden sie nicht investieren. Die Bundesregierung müsse auch selbst mehr investieren in die Bereiche Infrastruktur, Bildung und Innovation.