Protestierende fordern ein vereintes Deutschland
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Interview - 35 Jahre Friedliche Revolution: "Da war uns klar: Jetzt wird sich was ändern!"

35 Jahre nach der Montagsdemonstration in Leipzig, die zum Auslöser der Friedlichen Revolution wurde, erinnert sich der damalige Oppositionelle Frank Ebert an das Gefühl des Sieges – und wünscht sich eine Würdigung des Widerstands in der DDR.

Der 9. Oktober 1989 war ein entscheidender für den Mauerfall wenige Wochen später: Die Montagsdemonstration in Leipzig wurde zur Massenbewegung. 70 000 Menschen zogen für die Freiheit und eine bessere DDR durch Leipzigs Innenstadt. Und: Polizei und Staatssicherheit haben nicht eingegriffen. Am Tag zuvor waren in Ost-Berlin noch Demonstranten niedergeknüppelt worden.

Frank Ebert ist der Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur des Landes Berlin. Damals, mit 19, war er bereits in der Opposition aktiv. Er berichtet, dass der friedliche Verlauf des Protestes so nicht zu erwarten war: Es habe Gerüchte um zusätzliche Blutkonserven in den Krankenhäusern gegeben – und "dass da Tausende von Polizisten, teilweise auch Armee, zusammengezogen wurden." Die blutige Niederschlagung der Studentenproteste in China war noch nicht lange her, "insofern waren wir natürlich davon ausgegangen, dass es so kommen kann."

Leistung des Widerstands in der DDR wird nicht ausreichend gewürdigt

Doch es kam alles anders: Die Staatsmacht hielt sich zurück, die Demonstration blieb friedlich. "Uns war dann am Abend des 9. Oktober natürlich klar", so Ebert, "dass die Menschen dort es tatsächlich geschafft hatten, aufgrund der Masse die Staatsmacht in die Knie zu zwingen. […] Da war uns schon klar: Ab jetzt wird sich etwas ändern. Es war so ein bisschen wie so ein Gefühl: Ja, wir haben gewonnen!"

Die Würdigung dieser Leistung des Widerstandes in der DDR kommt Frank Ebert heute in der Nachbetrachtung zu kurz: "Wir reden hier nicht nur von 1989 und erst recht nicht nur vom Oktober 1989, sondern wir reden hier von einer 40-jährigen Geschichte der DDR – und da ist Widerstand über die gesamte Zeit geleistet worden. Und dieses […] Positive […] wird nicht ausreichend hervorgehoben."