Ein Schüler meldet sich während des Unterrichts in einer Grundschule mit Handzeichen.
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Interview - Referendare als Lehrkräfte: "Nicht fertig ausgebildet"

Weil Berlin Lehrkräfte fehlen, sollen jetzt Referendare mehr Stunden übernehmen. Nele Hoffschildt ist Personalrätin für Referendare und hält davon wenig. Kinder würden von didaktisch Unerfahrenen unterrichtet.

Montag beginnt das neue Schuljahr in Berlin - mit so vielen Schülerinnen und Schülern wie seit 25 Jahren nicht mehr. Gleichzeitig fehlen der Stadt vor allem am Stadtrand und dort, wo besonders viele Kinder in Armut leben, die notwendigen Lehrkräfte.

Die CDU-geführte Bildungsverwaltung hatte schon vor den Ferien Sparmaßnahmen angekündigt: 300 Lehrerstellen werden umverteilt, damit Lehrkräfte anstelle von Förderkursen den regulären Unterricht übernehmen. Eine weitere Maßnahme der Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch: Klassen sollen jetzt vermehrt von Referendarinnen und Referendaren unterrichtet werden: Zehn statt bisher sieben Wochenstunden.

Keine Rücksicht auf Unerfahrene

 

Das kritisiert die Personalrätin der Referendare des Landes Berlin, Nele Hoffschildt. "Bisher war der Einsatz im selbstständigen Unterricht je nach Ausbildungsstand ausgerichtet", sagt Hoffschildt. Wer also ganz am Anfang der Ausbildung war, musste weniger selbstständig unterrichten und konnte die übrige Zeit für Hospitationen und andere Ausbildungsmaßnahmen nutzen. "Jetzt bedeutet das, dass die Schulen die Referendar:innen direkt mit zehn Stunden selbstständigen Unterrichts einsetzen können", so die Personalrätin.

In absoluten Zahlen habe Berlin zwar vergleichweise wenig Praxisstunden im Referendariat. Es fehlten aber Mentorinnen und Metoren, die den angehenden Lehrkräften zur Seite stehen. "In anderen Bundesländern bekommen Referandar:innen ein oder zwei Mentor:innen", so Hoffschildt. Die neue Maßnahme stellt für sie vor allem eine Verschlechterung der Ausbildung dar.

"Didaktisch eher schlecht aufgestellt"

 

"Wir müssen ehrlich sein: Leute, die direkt aus dem Studium kommen, die sind noch nicht fertig ausgebildet", sagt Hoffschildt. Kinder würden nun von unausgebildetem Personal unterrichtet: "Die Lehrkräfte haben noch nicht gelernt, wie sie mit Konflikten umgehen; didaktisch sind sie eher schlecht aufgestellt", so die Personalrätin der Referendare.

Hoffschildt wünscht sich eine bessere Vorbereitung auf die Praxis im Klassenzimmer. Auch eine höhere Vergütung nach geleisteten Unterrichtsstunden hält sie für denkbar. "Es ist schade, dass es darauf hinausläuft", sagt Hoffschildt. Aber immerhin würden dann vielleicht weniger junge Lehrkräfte Berlin den Rücken kehren.