In diesem vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlichten Bild bewegen sich russische Militärfahrzeuge in der Region Kursk.
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Interview - Verteidigungsexperte: Ukrainische Militäraktion ist hochriskant

Das ukrainische Militär hat bei seinem Vorstoß in die Region Kursk nach eigenen Angaben rund 1000 Quadratkilometer russischen Staatsgebiets unter Kontrolle gebracht. Das sei riskant, weil nun Personal im Donbass fehle, sagt Verteidigungsexperte Wolfgang Richter.

Die ukrainische Armee habe eine Schwachstelle an der regulären Grenze zwischen Russland und der Ukraine ausgemacht, sagt Oberst a. D. Wolfgang Richter vom Genfer Institut für Sicherheitspolitik. An dieser Stelle habe es offenbar nur leichte russische Grenztruppen gegeben, die auf einen solchen Angriff nicht eingestellt waren. "Das haben die Ukrainer ausgenutzt", so Richter.

Was die Ukraine mit einem solchen Angriff bezwecke, darüber lasse sich nur spekulieren, erklärt der Verteidigungsexperte. Denkbar sei etwa "ein territoriales Faustpfand" für Friedensverhandlungen. "Es könnte auch bedeuten, dass es um eine Aktion geht, die beweisen soll, dass die Ukraine immer noch angriffsfähig ist", sagt Richter. "Und dass man damit nicht nur die eigene Truppe und die eigene Bevölkerung beeindrucken wollte, sondern auch den Westen."

Richter: Großer militärischer Druck im Donbass


Allerdings sei der Vorstoß mit hohen Risiken verbunden. So müsse das Gelände gegen russische Gegenangriffe gehalten werden. "Der Punkt ist: Alles das, was dort an Personalreserven jetzt eingesetzt wird, fehlt im Donbass", so der Oberst a. D.; "Und im Donbass sind die Ukrainer unter großem militärischen Druck." Dort werde jeder Mann gebraucht.

Falls die Ukraine die Geländegewinne in Kursk nicht halten könne, habe das möglicherweise weitreichende Folgen, erklärt Richter. "Wenn am Ende das Personal im Donbass so dünn wird, dass es dort Durchbrüche gibt, dann kann es sein, dass der dortige, noch relativ statische Abnutzungskrieg tatsächlich in einen Bewegungskrieg übergeht." Dann habe man eine ganz andere Lage und merke die fehlenden Reserven umso mehr.