Ein Palästinenser hängt ein großes Bild von Ismail Hanija in einer Halle im palästinensischen Flüchtlingslager Burj al-Brajneh auf.
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Interview - Schmid (SPD): Militärische Härte schafft keinen Frieden

Nach der Tötung zweier Führer von Hamas und Hisbollah wächst die Angst vor einem weiteren Krieg in Nahost. SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagt: Israels Präsident Benjamin Netanjahu sollte sich stärker um Verhandlungen bemühen - und hofft auf die USA.

Die Sorge vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten wächst. Der UN-Sicherheitsrat hat nach den tödlichen Angriffen auf Anführer von Hamas und Hisbollah eine Dringlichkeitssitzung einberufen. Mehrere Mitgliedsländer haben in der Nacht zum Donnerstag zur Zurückhaltung und zu stärkeren diplomatischen Bemühungen aufgerufen.

Iran und Israel werfen sich gegenseitig vor, die Spannungen zu verschärfen. Der Iran macht Israel für den Tod des Hamas-Anführers Ismail Hanija in Teheran verantwortlich. Die Regierung in Jerusalem hat das bislang nicht bestätigt, sich aber zu dem Angriff auf einen hochrangigen Hamas-Kommandeur im Libanon bekannt.

Schmid: Grundlegende Konflikte nicht gelöst

 

Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagt: Diese gezielten Tötungen seien seit Jahrzehnten Teil der israelischen Abschreckungspolitik. "Mit Schlägen kann man Terroristen ausschalten", so Schmid, "aber die zugrundeliegenden politischen Konflikte, und insbesondere der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern um Land, können so nicht gelöst werden."

Schmid nennt es eine "fatale Fehleinschätzung", dass militärische Stärke allein Sicherheit für Israel gewährleisten kann. Der SPD-Politiker beobachte seit vielen Jahren, dass die Regierung um Präsident Benjamin Netanjahu vor allem auf ebensolche militärische Maßnahmen setze - und nicht auf Verhandlungen. "Deshalb zieht sich ja auch die Diskussion um die Freilassung der Geiseln und einen Waffenstillstand in Gaza so lange hin", sagt Schmid.

Verhandeln - trotz Beschuss

 

Man dürfe auf der anderen Seite aber nicht vergessen, dass sich Israel gegen tägliche Angriffe von Terrororganisationen wehren müsse. "Der 7. Oktober hat aber auch gezeigt, dass allein das Setzen auf Überwachungstechnologien und auf eine Politik der militärischen Härte nicht ausreicht, um dauerhaft Israels Sicherheit zu gewähren", so der SPD-Außenpolitiker.

Mögliche Verhandlungen würden jetzt nur noch unter zunehmend erschwerten Bedingungen stattfinden: "Mit den jüngsten Militärschlägen Israels ist das Gesprächsklima sicherlich deutlich verschlechtert worden", sagt Schmid - zumal mit Hanija nun der Chefverhandler für die entführten Geiseln getötet wurde. Es komme jetzt auf den Druck der Amerikaner an, so der SPD-Politiker.

Hoffen auf Ende der Gewaltspirale

 

"Es gilt, die Gewaltspirale zu durchbrechen", sagt Schmid, einen Flächenbrand in der Region wolle niemand. "Wir sehen auch, dass weder Israel noch der Iran tatsächlich ein Interesse haben, einen großen Krieg auszulösen." Es bleibe zu hoffen, dass diese Krise am Ende doch noch abgewendet werden könne.