Blutabnahme am Finger für einen Aidstest
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Interview - Infektiologe: "Fortschritte im Kampf gegen HIV sind beachtlich"

Erstmals seit rund 30 Jahren kommt die Welt-Aids-Konferenz wieder nach Deutschland. In der Zeit ist die HIV-Forschung weit vorangekommen. Doch noch immer gibt es jedes Jahr 1,3 Millionen neue Infektionen weltweit, warnt Infektiologe Christoph Spinner.

München ist in dieser Woche Treffpunkt der weltgrößten wissenschaftlichen Zusammenkunft zur Bekämpfung des Aids-Erregers HIV. Zu der 25. Welt-Aids-Konferenz werden mehr als 10 000 Teilnehmende erwartet. Denn noch immer ist das Virus nicht besiegt. Zwar betont Christoph Spinner vom Münchener Klinikum rechts der Isar: "Die Fortschritte im Kampf gegen HIV sind beachtlich." Dennoch müsse die Zahl der Neuinfektionen gesenkt werden.

Jedes Jahr gebe es weltweit 1,3 Millionen neue Ansteckungen. "Hier ist dringend weiterer Aktionismus geboten", sagt der Infektiologe. Besonders wichtig sei es, Personengruppen mit erhöhtem Risiko spezifisch mit Präventionsmaßnahmen zu erreichen. "Denn heute kann man durch die vorbeugende Einnahme von antiviralen Medikamenten (...) HIV-Infektionen zuverlässig verhindern."

Infektiologe: Moderne Therapie ermöglicht normales Leben

 

Deshalb gebe es keinen Grund, mit infizierten Menschen anders umzugehen, betont Spinner. Die moderne Therapie ermögliche ihnen ein normales Leben. Das habe allerdings auch Einfluss auf das Angstempfinden der Menschen. Dadurch habe sich das Risikoverhalten geändert.

Daher gehe es bei der Konferenz in München auch um gesellschaftliches Engagement zur Prävention. "Denn HIV und Aids lassen sich nicht nur medizinisch alleine, sondern müssen auf gesellschaftlicher Ebene bekämpft werden, um erfolgreich zu sein", so der Infektiologe.

Hintergrund

UN: Sorge um Fortschritte im Kampf gegen Aids und HIV

Trotz großer Erfolge im Kampf gegen Aids sind die Vereinten Nationen noch weit von ihrem Ziel entfernt, die Immunschwäche-Krankheit bis 2030 weitgehend zu besiegen. Finanzkürzungen und eine zunehmende Diskriminierung einiger Menschengruppen gefährden dieses Ziel und bisherige Fortschritte, warnte das UN-Programm für die Bekämpfung der Immunschwäche-Krankheit Aids (UNAIDS), zum Start der Welt-Aids-Konferenz in München.

Im vergangenen Jahr infizierten sich nach Daten von UNAIDS rund 1,3 Millionen Menschen neu mit dem Virus. In einzelnen Ländern gab es dabei sehr unterschiedliche Entwicklungen. Als Zwischenziel sollten die jährlichen Neuinfektionen bis 2025 auf unter 370 000 gesenkt werden - im Jahr 2023 lag die Zahl aber immer noch 3,5-mal so hoch.

Die Zahl der Todesfälle lag mit 630 000 zwar halb so hoch wie noch 2010. Weiter stirbt jedoch jede Minute weltweit ein Mensch an den Folgen von Aids. Die Welt sei nicht auf Kurs, um das Zwischenziel für 2025 zu erreichen, die Aids-bedingten Todesfälle auf unter 250 000 zu reduzieren, hieß es.

Die UN wollen Neuinfektionen und Aids-assoziierte Todesfälle von 2010 bis 2030 um über 90 Prozent senken. Die Entscheidungen, die Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr treffen, werden laut UNAIDS darüber bestimmen, ob dieses Ziel erreicht wird und Aids bis zum Jahr 2030 damit nicht mehr als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit angesehen werden muss.

Die globalen Finanzmittel für den Kampf gegen HIV in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen sind laut UNAIDS rückläufig. Im vergangenen Jahr sanken sie im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 19,8 Milliarden US-Dollar (18,2 Milliarden Euro) im Vergleich zu 2022. - dpa

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