An einem Apfelbaum hängen abgestorbene Blüten.
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Interview - Obstbau-Experte: Ernteverluste in tiefen Lagen besonders hoch

In diesem Jahr wird es wohl weniger Obst aus Brandenburg geben. Die Frostnächte im April haben dazu geführt, dass es bei Äpfeln, Birnen, Kirschen und anderen Sorten große Verluste gibt. Wie stark die Betriebe in der Region betroffen sind, hänge auch von ihrer Lage ab, sagt Obstbau-Experte Thomas Bröcker.

In seinem eigenen Betrieb sei "fast alles weg", sagt Thomas Bröcker, der in Frankfurt/Oder Äpfel, Pflaumen und Kirschen anbaut. Das sei aber nicht bei allen Betrieben so, erklärt der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau beim Gartenbauverband Berlin-Brandenburg.

Entscheidend sei meist die Lage, denn kalte Luft schichte sich in den unteren Lagen. "Wer ein bisschen tiefer liegt, ist stärker betroffen als jemand, der oben auf dem Berg liegt", so Bröcker. "Trotzdem sind in diesem Jahr auch oben auf dem Berg bis zu 70 oder 80 Prozent erfroren - und in den Senken oft zu 100 Prozent."

Eine genaue Erklärung für die hohen Verluste in diesem Jahr habe er nicht, sagt der Obstbau-Experte. Der Frost sei in Kalenderwoche 17 aufgetreten. "Das ist so, als wenn die Eisheiligen drei bis vier Wochen früher kommen." Gleichzeitig habe auch die Vegetation drei bis vier Wochen früher als sonst ihren eigenen Schutz vor Frost beendet und sei in den Frühling gestartet, denn bevor diese "Eisheiligen" kamen, sei es sehr warm gewesen.

Für Nacht-Beregnung fehlt in Brandenburg das Wasser


Um die Obstblüte vor Frost zu schützen, gebe es mehrere technische Möglichkeiten, erklärt Bröcker. Es gebe zum Beispiel Windanlagen, die wärmere Luftschichten von oben nach unten in die Anbaufläche holen. "Dafür braucht man aber einen sehr großen Motor - und es ist auch mit ordentlich Lärm verbunden."

Die wirksamste Methode sei, die Pflanzen in kalten Nächten zu beregnen, damit sie von einer Eisschicht bedeckt sind. "Das klingt ein bisschen widersprüchlich, wirkt aber sehr gut", so der Obstbau-Experte. Allerdings sei eine solche Anlage sehr teuer und brauche eine große Wassermenge. "Die haben wir hier in Brandenburg - eigentlich im ganzen Osten - nicht zur Verfügung."

"Der ein oder andere wird aufgeben müssen"


Der Ernteausfall bringe viele Brandenburger Obstbaubetriebe in eine kritische Lage, sagt Bröcker. "Beim Baumobst blüht nichts mehr nach. Also wenn eine Frostnacht richtig zuschlägt, ist für das Jahr der Ertrag weg." Allerdings seien die Bäume zu diesem Zeitpunkt im Jahr schon geschnitten, der Dünger sei gestreut, der Pflanzenschutz schon ausgebracht. Auf diesen Kosten blieben die Betriebe jetzt sitzen, ohne Einnahmen zu haben.

Dazu käme, dass die Preise im Vorjahr schon sehr schlecht waren und die Obstbauern wenig verdient hätten. Der Gartenbauverband Berlin-Brandenburg sei in Gesprächen mit der Landesregierung über Hilfen für die betroffenen Betriebe, so der der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau. Es könne aber trotzdem sein, dass "der ein oder andere" aufgeben muss.

Versorgung mit Obst aus Deutschland nicht gefährdet


In anderen Teilen Deutschlands gab es kaum Ausfälle beim Obstbau, meint Bröcker. Die Versorgung der Kunden mit Obst aus Deutschland sei also gewährleistet. Im Alten Land bei Hamburg sei eines der größten Anbaugebiete und dort werde die Frostschutz-Beregnung intensiv genutzt. Und im anderen großen Anbaugebiet am Bodensee seien die Temperaturen höher gewesen als in Brandenburg, sodass es dort kaum Verluste gab.