Interview - Mediziner Keßler: "Hürden für Cannabis auf Rezept sind weiter hoch"
Cannabis könnte bei Erkrankungen helfen, etwa bei der Schmerztherapie, der Krebsbehandlung und bei Demenz. Doch die Verschreibung als Medikament bleibt auch nach der Teillegalisierung weiter schwierig, kritisiert Christian Keßler, Oberarzt am Berliner Immanuel Krankenhaus.
Seit dem 1. April dürfen Erwachsene in Deutschland legal Cannabis anbauen, besitzen und konsumieren. Für die medizinische Verwendung von Marihuana hat sich seit der Teillegalisierung dagegen kaum etwas verändert, sagt Christian Keßler, Oberarzt für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus in Berlin.
Zwar falle die Ausstellung nun nicht mehr unter die Betäubungsmittelverordnung, erklärt der Mediziner, sodass Cannabis nach einer Bewilligung der Krankenkasse auch als normales Rezept verschrieben werden kann. Das Antragsverfahren sei aber weiterhin sehr kompliziert. "Die Hürden für Cannabis auf Rezept sind unverändert hoch."
Cannabis als Medikament noch zu wenig erforscht
Bisher fehlen der Medizin noch die wissenschaftlichen Daten, um den Nutzen von Cannabis etwa in der Schmerztherapie, der Krebsbehandlung und insbesondere auch bei der Behandlung älterer Menschen in der Geriatrie zu untermauern. Das liege allerdings vor allem an der fast 80 Jahre langen globalen Illegalisierung von Cannabis, sagt Keßler. Für ihn ist klar, dass die fehlenden Daten kein Beweis für die medizinische Unwirksamkeit von Cannabis sind.
Um die aktuelle Forschungslücke zu schließen, fordert der Mediziner mehr Tests und klinische Studien. In den Bereichen der Schmerztherapie, bei neurologischen Erkrankungen und auch in der Palliativmedizin gebe es bereits erste interessante Untersuchungen. Für generelle Einschätzungen reichen die Daten aber noch nicht aus, so Keßler.