Georgien, Tiflis: Demonstranten schwenken georgische Nationalfahnen während einer Protestaktion der Opposition
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Interview - Proteste in Georgien: "Das Land ist auf den Beinen"

In Georgien halten Massenproteste gegen ein geplantes Gesetz an, das die Arbeit zahlreicher Nichtregierungsorganisationen und kritischer Medien erschweren könnte. Marcel Röthig von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Tiflis rechnet nicht damit, dass der Widerstand bald nachlässt. Der Protest verbinde große Schichten der Bevölkerung.

"In Georgien steht die Demokratie auf dem Spiel." So schätzen einige Beobachter derzeit die Lage in dem Land ein, das seit Ende letzten Jahres offiziell EU-Beitrittskandidat ist. Hintergrund ist ein geplantes Gesetz, das eine verschärfte Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen vorsieht – um den vermeintlichen Einfluss des Auslands auf die Zivilgesellschaft zu beschränken.

Seit Wochen gehen dagegen zehntausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis auf die Straße.
Kritiker erinnert die Pläne der Regierung an ein ähnliches Gesetz in Russland gegen "ausländische Agenten". Dort können die Behörden massiv gegen kritische Medien und Organisationen vorgehen.

Röthig: Georgier sehen künftigen EU-Beitritt gefährdet

 

"Das Land ist auf den Beinen", sagt Marcel Röthig, Leiter des Regionalbüros Südkaukasus der Friedrich-Ebert-Stiftung in Tiflis. Überall in Georgien gebe es Proteste gegen das geplante Gesetz. Dass die Proteststimmung demnächst abebbt, hält Röthig nicht für wahrscheinlich. Er erwartet weitere Massenproteste. Auch die Regierung mache derzeit aber keine Anstalten, von ihren Plänen abzurücken. "Natürlich hoffen wir, dass es gewaltfrei bleibt", sagt Röthig.

Breite Schichten der Bevölkerung teilten die Ablehnung gegen das geplante Gesetz. Die Zustimmung für einen Beitritt zur Europäischen Union liege in Georgien bei über 80 Prozent. "Die Leute haben einfach Angst, dass wenn das Gesetz so durchkommt, dass dann die Europäische Union möglicherweise die Tür zumacht", sagt Röthig.

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