Interview - Medizinstatistiker fordert Kommission zur Corona-Aufarbeitung
Protokolle des RKI-Krisenstabs aus der Zeit des ersten Lockdowns in der Corona-Pandemie sorgen für Diskussionen um die damals beschlossenen Maßnahmen. Medizinstatistiker Gerd Antes sagt, es brauche eine nüchterne Aufarbeitung, was wirklich etwas gebracht habe. Vieles sei kontraproduktiv und absurd gewesen, meint er.
Vor vier Jahren ist in Deutschland das erste Mal ein Lockdown wegen der Corona-Pandemie verhängt worden. Was hinter den Kulissen zu der Entscheidung führte - darüber geben jetzt veröffentlichte Protokolle des RKI-Krisenstabs Aufschluss. Sie zeigen, dass die Diskussionen nicht so eindeutig liefen, wie es in der Öffentlichkeit schien. Medizinstatistiker Gerd Antes findet es gut, dass jetzt wieder über die Corona-Maßnahmen diskutiert werde. Aber er betont: "Das ist der erste Schritt."
Er sei einer der ersten gewesen, die eine Aufarbeitung der Pandemie gefordert haben, sagt der Gründer des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Eine etablierte Form dafür sei eine Enquete-Kommission. Darauf drängt auch die FDP. Dabei solle es um die "nüchterne Erkenntnis" gehen, welche Maßnahmen zur Corona-Eindämmung beigetragen haben "und was war weit übers Ziel hinausgeschossen", so Antes. Vieles sei kontraproduktiv gewesen und man könne "ein verrücktes Kabinett" an kuriosen Maßnahmen aufzählen, die damals beschlossen worden seien.
Antes: Datenbeschaffung bis heute versäumt
Eine "Panikreaktion" in der Corona-Zeit sei durchaus zu rechtfertigen. "Aber man musste sofort im Visier haben, wie lange und wo höre ich auf und dafür hätte von der ersten Minute an aufgestellt werden müssen, wie beschaffe ich die Daten, die ich für die Entscheidungsgrundlagen brauche." Das sei bis heute versäumt worden. "Jetzt ist der Zeitpunkt, das zu machen."