Interview - Russlandexpertin: Putins Scheinwahl zur Bestätigung des Krieges
Mehr als 100 Millionen Russen sind bis Sonntag dazu aufgerufen, ihre Stimme bei der Präsidentschaftswahl abzugeben. Gwendolyn Sasse vom Zentrum für Osteuropa- und Internationale Studien in Berlin sieht darin lediglich eine Scheinwahl, die dazu diene, Putins Kriegsführung zu bestätigen.
Mitten im Krieg will Kremlchef Putin seine Macht absichern. Die dreitätige Präsidentenwahl, die am Freitag im fernen Kamtschatka, ganz im Osten, begonnen hat, gilt weder als frei, noch als fair. Echte Gegenkandidaten hat Moskau nicht zugelassen, unabhängige Wahlbeobachter auch nicht.
Sasse: "Das ist keine Wahl, wie wir sie in demokratischen Systemen kennen"
Gwendolyn Sasse ist Direktorin am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin. Sie sieht in der Veranstaltung eine Scheinwahl, die nur zur Machtabsicherung Putins dient: "Er will vor allem demonstrieren, dass er die Gesellschaft mobilisieren kann, dass sie ihn bestätigen – und somit auch seine Kriegsführung bestätigen."
Der Ausgang der Wahl steht bereits fest: Sasse geht davon aus, dass das Moskauer Regime die Ergebnisse auf jeden Fall "passend machen" wird. Ein wichtiger Indikator sei jedoch die Wahlbeteiligung, da man die nicht so gut fälschen könne, wie das Ergebnis.
Echte Opposition ist nicht zugelassen
Eine Opposition gibt es nicht, sagt die Expertin. Es gäbe durchaus Unzufriedenheit im Land, die kristallisiere sich jedoch nicht um politische Alternativen herum. "Es müsste sich erst etwas im System an sich verändern, dass auch die Gesellschaft sich gegen Putin, gegen das Regime mobilisieren könnte. Davon sind wir also sehr weit entfernt."
Putin werde das Ergebnis der Wahl als Bestätigung seines Kurses sehen, sagt die Wissenschaftlerin: "Ich glaube, dass es weiter starke Repressionen im Land geben wird, dass sich auch an der Politik gegenüber Russland nichts ändern wird." Der Bundesregierung rät sie, "keine Illusionen zu haben, dass sich in den nächsten Wochen oder Monaten eine Gelegenheit zu wirklichen Verhandlungen auftut und vor allem den Schluss ziehen, dass man die Ukraine weiter stark militärisch und finanziell unterstützen muss."