Interview - Expertin: Antifeminismus "in der Mitte der Gesellschaft weit verbreitet"
Die neu eingerichtete Meldestelle "Antifeminismus" hat im vergangenen Jahr 372 Vorfälle registriert. Judith Rahner von der Amadeu Antonio Stiftung erklärt, wie Hass durch Beleidigungen und Gewalt gesät wird.
Antifeminismus hat Judith Rahner zufolge als Begriff wie als gesellschaftliches Problem eine lange Geschichte. "Das gab es schon vor über 100 Jahren", sagt die Genderexpertin von der Amadeu Antonio Stiftung. Da sei es noch um das Frauenwahlrecht gegangen und darum, dass sich politische Akteure dagegen stemmten.
Heute richte sich Antifeminismus gegen alle Personen oder Einrichtungen, die für Geschlechtergerechtigkeit eintreten, so Rahner. Das könne sich auch "in Wort und Tat" niederschlagen. Unter mehreren Hundert eingegangenen verifizierten Meldungen bei der bundesweiten Meldestelle Antifeminismus seien welche von Partnerschaftsgewalt, aber auch etwa solche von Gleichstellungsbeauftragten einer Kommune, die Morddrohungen per E-Mail erhalten, oder Lokalpolitikerinnen, deren Kreistagsbüros beschmiert werden mit Hakenkreuzen oder sexistischen Parolen.
Problem aus vielen Richtungen
Der Antifeminismus komme aus verschiedenen gesellschaftlichen Richtungen, erklärt Rahner. Viele Meldungen offenbarten einen rechtsextremen Kontext. Der Antifeminismus sei aber auch eine weit verbreitete Ideologie in der Mitte der Gesellschaft. Auch bieten ihr zufolge Foren im Internet Platz für Antifeministen, um sich zu organisieren und etwa bestimmten Journalistinnen oder Politikerinnen Beleidigungen zukommen zu lassen.