Interview - Politologe: "Ungesteuerte Zuwanderung funktioniert nicht"
Eine Studie aus den Niederlanden sagt das Ende des Wohlfahrtsstaates voraus, sollte es zu einer unbegrenzten Einwanderung in das Land kommen. Das könne man durchaus auf Deutschland übertragen, sagt Migrationsforscher Stefan Luft.
"Wir schließen vor diesen Analysen bisher die Augen", sagt Stefan Luft, Politikwissenschaftler an der Universität Bremen. Bei den Integrationsberichten werde in Deutschland nur auf "die Gruppe mit Migrationshintergrund“ geschaut, also auf die Menschen, die selbst oder deren Eltern zugewandert seien. "Diese Gruppe ist allerdings so heterogen", erklärt Luft. Manche seien besser integriert als andere.
Luft: "Sozialstaat weniger leistungsfähig"
Es sei wichtig zu begreifen, dass bei Zuwanderung volkswirtschaftliche Kosten entstehen können, so Luft. Man müsse sich klarmachen, was das für ein Land, seine sozialen Sicherungssysteme und etwa das Bildungswesen bedeute. "Das ist ziemlich zentral, denn Politik muss geplant werden", sagt der Migrationsforscher.
Es sei zu beobachten, dass die Politik "die Ausgaben für das Militär massiv steigern" wolle - bei einem gleichzeitigen wirtschaftlichen Abschwung. "Das heißt: Die Leistungsfähigkeit des Sozialstaats in Deutschland wird eher ab- als zunehmen", erklärt Luft. "Deswegen ist die Frage: Wie kann man, wenn man den Sozialstaat auf Dauer erhalten und stabilisieren will, mit dieser Zuwanderung umgehen?"
Mehr Hilfe in Herkunftsländern?
Dabei sei Transparenz ganz entscheidend, wie in allen anderen Politikfeldern auch. "Nach meiner Auffassung ist die ungesteuerte Zuwanderung, in dem Ausmaß wie sie seit 2015 andauert, auf Dauer nicht zu halten", betont der Politologe. "Das wird nicht funktionieren." Es gebe andere Wege, Menschen in Not zu helfen - etwa in ihren Herkunftsländern oder Anrainerstaaten.
Das müsse aus seiner Sicht stärker diskutiert werden. "Denn das Asylwesen, das wir bisher haben, bedeutet ja auch, dass nur die Stärksten durchkommen", so Luft. "Also diejenigen, die wirklich verletzlich sind, die haben ja gar nicht die Kraft, diese langen Distanzen zu überwinden und die Ressourcen aufzubringen, die notwendig sind, um nach Europa zu kommen."