Interview - Wirtschaftsforscher Kooths: "Verlieren Argumente als Standort"
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beschreibt die konjunkturelle Lage als "dramatisch schlecht", der Deutsche Industrie- und Handelskammertag rechnet 2024 mit einem Minus von 0,5 Prozent. Die Weltwirtschaft laufe insgesamt "ziemlich robust", aber Deutschland könne "nicht mitlaufen", sagt Wirtschaftsforscher Stefan Kooths.
Bei der Bewertung der Lage müsse man immer die konjunkturellen und die strukturellen Effekte auseinanderhalten, betont der Leiter des Prognose-Zentrums am Kieler Institut für Weltwirtschaft, Stefan Kooths. "Es ist aber klar, dass die Zahl, die die Bundesregierung noch in ihrer Herbstprognose hatte, so keine Substanz mehr haben konnte", sagt der Ökonom.
Das sei aber nicht als "Reaktion darauf, dass die Weltwirtschaft durchhängt", zu werten, denn diese laufe robust. "Sondern es ist eher so, dass sich hier auch etwa an der Position der deutschen Wirtschaft geändert hat, dass wir derzeit eben nicht so im allgemeinen weltwirtschaftlichen Rhythmus mitlaufen können", so Kooths.
Ökonom: Bei hohen Steuern müssen alles andere stimmen
Das habe viel mit den deutschen Standortfragen zu tun, "die sich nicht von einem Quartal aufs nächste entscheiden". Es gehe dabei um Verlässlichkeit, klare Rahmenbedingungen, Bürokratie und Infrastruktur. Dazu käme, dass Deutschland eine relativ hohe Steuerquote habe.
"Hohe Steuern sind nicht per se ein Problem für einen Standort", erklärt der Wirtschaftsforscher. "Aber er muss es dann eben auch wert sein, dann müssen die anderen Standortfaktoren umso besser sein. Und hier ist es eher so, dass wir an Argumenten verlieren, die dafür sprechen, in Deutschland wirtschaftlich aktiv zu sein."