Bundesfinanzminister Christian Lindner, Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stehen für ein Pressestatement im Kanzleramt nebeneinander (Bild: picture alliance / Ben Kriemann)
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Interview - Neugebauer zur Haushaltskrise: Grüne setzen auf Kompromisse, FDP auf Konfrontation

Seit dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts stehen die Bürgergelderhöhung und die Kindergrundsicherung auf der Kippe. Schafft es die Bundesregierung, einen Ausweg aus der Haushaltskrise zu finden? Der Politologe Gero Neugebauer sieht aktuell sehr unterschiedliche Ansätze.

Inzwischen hat Familienministern Lisa Paus selbst bestätigt, dass die Bundesregierung darüber nachdenkt, die Kindergrundsicherung aufgrund der Haushaltskrise zu verschieben. Um Geld einzusparen, könnte die Kindergrundsicherung erst ab April 2025 und nicht, wie bisher geplant, ab Januar 2025 ausgezahlt werden. Allein dadurch wird sich die Haushaltskrise der Bundesregierung aber kaum lösen lassen.

Dass Finanzminister Christian Lindner bisher trotzdem darauf beharrt, weder die Schuldenbremse abzuschaffen noch durch eine erneute Notlage die Schuldenbremse zu umgehen, ist für den Politikwissenschaftler Gero Neugebauer vor allem ein Signal an die FDP-Wähler. "Damit hofft er, die Identität der FDP, als eine Partei, die das Geld der Steuerzahler spart, so zu stärken, dass ihm bei Wahlen wieder mehr Zuspruch zu Teil wird als in der Vergangenheit."

Schielt Lindner schon auf ein mögliches Bündnis mit der Union?

 

Auch bei der geplanten Erhöhung des Bürgergeldes ist die FDP nach dem Karlsruher Haushaltsurteil skeptisch und liegt damit ganz auf einer Wellenlänge mit der Union. Insgeheim könnte es sein, dass sich Lindner auf ein Platzen der Ampel-Koalition vorbereitet, vermutet Neugebauer. Allerdings könne sich der Finanzminister nicht sicher sein, dass er nach einer möglichen Neuwahl noch weiter FDP-Chef bleiben dürfe.

Geschickter stellen sich aktuell die Grünen an, findet der Politikwissenschaftler. Ihr Vorschlag, die Schuldenbremse in der Haushaltskrise zwar nicht abzuschaffen, aber etwas flexibler mit ihr umzugehen, sei ein Angebot, auf das sich sowohl die SPD als auch die FDP einlassen könnten. "Auf dieser Basis erzielt man auch Kompromisse und da sind die Grünen eigentlich die, die am vernünftigsten argumentieren."