Interview - Migrationsforscherin: Grenzkontrollen sind sinnvolles Instrument
Die EU steht vor der Reform ihres Asylsystems. Zukünftig soll es schärfere Grenzkontrollen und eine konsequente Rückführung von Geflüchteten geben. Migrationsforscherin Victoria Rietig erklärt Vor- und Nachteile von Grenzkontrollen. Zudem bemängelt sie die deutschen Prozesse bei der Rückführung.
Nach der Einigung zur Krisenverordnung im EU-Asylpakt müsse die Reform bis Anfang 2024 kommen, "sonst wird das in dieser Legislaturperiode nichts mehr" sagt Victoria Rietig, Leiterin des Migrationsprogramms der Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V (DGAP). Ob die Reform etwas bringen wird, sei nicht abzusehen. "Das liegt daran, dass die Details der Vorschläge sehr technisch sind." Zudem könnten die Staaten vereinzelte Punkte der Reform selbst ausgestalten.
Mit Blick auf verstärkte Grenzkontrollen erklärt die Forscherin: "Grenzkontrollen sind durchaus ein legitimes und auch ein sinnvolles Instrument, gerade, wenn wir irreguläre Grenzübertritte und Sekundärmigration so normalisiert haben, wie wir es in Europa haben." Allerdings würden oft nur die "kleinen Fische" der Schleuserkriminalität gefasst, aber nicht die großen Köpfe dahinter. Zudem führten die Kontrollen zu mehr Stau im Grenzverkehr.
Rietig: "Die deutsche Rückkehrpolitik ist schlecht organisiert"
Vereinbarungen mit Drittstaaten führten oft nicht dazu, dass die abgelehnten Asylbewerber durch ihre Ursprungsländer auch zügig zurückgenommen würden, erklärt Rietig. Das liege aber nicht nur an den Drittländern, sondern auch an "ineffizienten deutschen Prozessen". Es seien zu viele unterschiedliche Akteure daran beteiligt: "Die deutsche Rückkehrpolitik ist schlecht organisiert." Sie fordert, diesen Bereich mehr zu zentralisieren.